Interview mit Roland Düringer: Bob, der Schließmuskel
Der Kabarettist greift in der österreichischen Action-Parodie „Operation White Christmas“ als böser Geschäftsmann Bob zur Kettensäge und ärgert sich über politisch korrekten Humor
Sehr oft ist Roland Düringer nicht im Kino zu sehen. „Ich habe Netflix zu Hause“, grinst er gut gelaunt im KURIER-Gespräch und legt seinen Motorradhelm ab: „Ich trete auch selten in Kinofilmen auf. Das ist nicht meine Entscheidung.“ Lakonischer Nachsatz: „Aber es ist mir wurscht.“
Wurscht oder nicht, jetzt ist es so weit. Der Kabarettist, der ab September erneut seine Bühnenauftritte mit „Regenerationsabend 2.0“ aufnimmt, hat wieder eine Kinorolle übernommen.
Und was für eine!„Operation White Christmas“ (ab Donnerstag im Kino) nennt der Klagenfurter Regisseur Flo Lackner seine rabiate Action-Parodie, in der Düringer einen bemerkenswerten Part spielt.
Er nennt sich Bob, ist ein sinistrer Geschäftsmann aus dem Darknet, und trägt den Spitznamen Schließmuskel. Bob, der Schließmuskel, hat die Schulden des jungen Videotheksbesitzers Enis übernommen und erwartet dafür Gegenleistungen: Enis soll mithilfe einer Hobby-Hackerin und einem Skinhead verhindern, dass die kasachische Präsidentin der Stadt Klagenfurt zu Weihnachten einen korrupten Besuch abstattet.
Bob ist aber nicht nur Auftraggeber, sondern kann auch selbst recht brutal aktiv werden – mit einer Kettensäge, zum Beispiel, die er brüllend schwingt, oder wenn er mit dem Maschinengewehr herumballert.
Ist das ein Scherz?
Als er das Drehbuch zum ersten Mal las, habe er gedacht: „Entweder es handelt sich um einen Scherz oder jemand leidet an Realitätsverlust“, erinnert sich Düringer: „Wenn ich lese, dass Braunbären über ein Rollfeld laufen und einen Eurofighter attackieren, scheint mir das in Österreich nicht umsetzbar.“
Regisseur Lackner konnte ihn mit Verweis auf Spezialeffekte im Computer beruhigen. Allerdings blieb noch das Problem der künstlichen Sprache: „Das Drehbuch war in dieser typischen Sprechweise der deutschen Synchronsprecher der 80er- und 90er-Jahre geschrieben. Das klang ungefähr so (macht einen deutschen Akzent nach): ,Hey, komm mal ’rüber, Alter, jetzt gibt’s einen auf die Mütze!‘ Das ist eine Fake-Sprache, die es nirgends gibt, und ein Phänomen, mit dem wir aufgewachsen sind.“
Tatsächlich versteht sich „Operation White Christmas“ nicht nur als Parodie auf das amerikanische Actionkino à la „Jagd auf Roter Oktober“, sondern auch auf die deutschen Synchronstimmen, die hierzulande die Filmwahrnehmung des Publikums stark mitprägen: „Für mich war die deutsche Stimme von Bruce Willis einfach Bruce Willis“, sinniert der geborene Favoritner: „Als ich Bruce Willis dann das erste Mal im Original mit seiner Fistelstimme gehört habe, konnte ich es kaum glauben.“
In jedem Fall verspürte der Kabarettist, Jahrgang 1963, den Generationsunterschied zum 40-jährigen Regisseur und fragte sich: „Mit welchen Filmen am Sonntagnachmittag bin ich aufgewachsen?“
Die Antwort lautete: „Österreichische Filme mit Peter Weck, Hans Holt, Oskar Sima und Peter Alexander. Da gab es auch eine Kunstsprache – aus dem Theater in der Josefstadt. Und die habe ich dem Regisseur für meine Figur angeboten.“
Vorbild Peter Alexander
Nach diesen Vorbildern durfte Düringer seinem Bob nicht nur einen etwas altmodisch-adretten Look – mit Kapperl, Anzug und Krawatte – verleihen, sondern bediente sich auch, im Gegensatz zu seinen Kollegen, eines österreichischen Idioms.
Seine Rollen sucht Roland Düringer immer ganz gezielt aus: „Der Film ist mir eigentlich wurscht. Ich möchte eine gute Zeit verbringen.“
Da kam ihm das Angebot zu „Operation White Christmas“ gerade recht: „Ich durfte mit einem Panzer fahren, mit einem Maschinengewehr schießen ... Als ich als Bub im Kino gesessen bin, hätte ich nie geglaubt, dass ich das je machen werde. Da dachte ich mir: Das mache ich. Das ist sicher lustig.“
Nur net hudeln
Als schon weniger lustig erwiesen sich die endlosen Nachsynchronisationen, die seine Rolle erforderte. Zudem brach der Ukraine-Krieg aus und verursachte weitere Änderungen. Ursprünglich waren alle Gegenspieler in „Operation White Christmas“ Russen – und nicht Kasachen: „Wir mussten alles auf Kasachen ändern. Dadurch war teilweise das, was ich sage, sehr gehudelt, weil Kasache einfach ein längeres Wort ist als Russe. Aber das fällt eh keinem auf. Nur mir.“
Nicht nur demnächst im Kino, sondern auch in weiteren Folgen von „Weber & Breitfuß“ wird Roland Düringer mit Kabarettkollegen Alfred Dorfer zu sehen sein. Zwei neue Episoden ihrer Paraderollen als „MA 2412“-Beamte sind abgedreht und werden vermutlich 2024 im ORF ausgestrahlt.
Ob es Spaß mache, zu diesen Figuren zurückzukehren?
„Ja, schon“, sagt Roland Düringer und zögert ein bisschen: „Wir spüren halt, dass einiges, was diese Figuren machen, mittlerweile unerwünscht ist. Es ist nicht politisch korrekt. Aber diese Figuren sind einfach politisch unkorrekt, das ist der Witz an ihnen. Die waren immer politisch unkorrekt, und wenn man ihnen das wegnimmt, kann man ganz aufhören. Dann sollen die Leute über etwas anderes lachen.“
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