Amina Handke, die Tochter von Peter Handke, hat für ihr Langfilmdebüt „Mein Satz“ (derzeit im Metro-Kino) das väterliche Stück fürs Kino adaptiert. Die Hauptrolle besetzte sie mit ihrer Mutter, der profilierten, 80-jährigen Schauspielerin Libgart Schwarz: „Ja, es hat durchaus etwas von einer Familienaufstellung, aber mit künstlerischen Mitteln“, sagt Amina Handke mit amüsiertem Unterton. Geboren 1969 in Berlin, lebte sie nach der Trennung ihrer Eltern bei ihrem Vater: „Ich bin damit aufgewachsen, dass mein Vater schreibt und meine Mutter spielt. Das hat mich immer begleitet.“
Amina Handke ist selbst vielseitige Künstlerin, studierte in Wien Malerei und Medienkunst und arbeitet im Bereich Fotografie, Sound und Video. Anfang der 90er-Jahre spielte sie mit Kurt Palm und Tex Rubinowitz „Anarcho-Theater“ („Das war sehr lustig. Wir haben oft mehr gelacht als das Publikum“), malte, entwarf Bühnenbilder und tingelte als DJ durchs Nachtleben. Dafür ist sie längst zu müde: „Ich habe keine Lust mehr, mir bis vier in der Früh die Beine in den Bauch zu stehen.“
Und ehrlich gesagt, habe sie sich eine Zeit lang mit dem Gedanken getragen, den Namen Handke abzuwerfen und ein Pseudonym anzunehmen: „Wenn man immer auf seinen Vater angesprochen wird, ist das nicht nur positiv.“ Anstatt den Namen zu wechseln, beschloss sie, ihre eigene künstlerische Arbeit mit der ihrer Eltern in Verbindung zu bringen: „Es wäre ja schade, wenn man seine Herkunft nur als Belastung empfindet.“
Außerdem: „Die Behauptung, dass man als Künstlerin oder Künstler nur aus sich selbst schöpft, ist eh ein Blödsinn. Insofern war das mein Thema: Ganz bewusst eine künstlerische Arbeit zu machen, die sich mit den Altvorderen beschäftigt.“
Mit ihrer Mutter drehte Amina Handke bereits 2016 den Kurzfilm „Mutter von Mutter“ – „Das hat uns beiden sehr viel Spaß gemacht.“ Als dann die Idee zu „Mein Satz“ konkret im Raum stand, lehnte Libgart Schwarz zuerst rundweg ab: „Sie hatte lange nicht mehr gespielt und gemeint, das schaffe sie nicht“, erinnert sich die Tochter: „Aber es ist eine schöne Idee von Kunst, dass man ein bisschen etwas riskieren muss.“
Libgart Schwarz ließ sich schließlich breitschlagen. Sie verwandelt Kaspar in eine alte Dame, die dabei ist, ihre Sprache zu verlieren und sich gewitzt gegen Disziplinierungen von außen zur Wehr setzt. Eindrucksvoll spielt sie sich durch unglaubliche Textmengen: „Das war ganz schön schwer. Sie hat monatelang den Text gelernt.“
Aber schon die Arbeit am Drehbuch, die in einer Radikal-Kürzung des Originaltextes bestand, erwies sich als aufwendig: „Ich habe zum ersten Mal wirklich nachvollziehen können, warum mein Vater beim Schreiben keine Unterbrechungen aushält.“
Natürlich war die Angst zu enttäuschen, groß, aber: „Ich finde es wichtig, scheitern zu können. Man kann aus Fehlern sehr viel lernen.“
Ihrem Vater hat sie „Mein Satz“ schließlich in einem Pariser Kino gezeigt: „Er war sehr positiv überrascht“, sagt Amina Handke und muss herzlich lachen: „Er ist ja ein großer Zweckpessimist. Wahrscheinlich hat er sich das Schlimmste ausgemalt.“
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