Hosea Ratschiller mit„Happy Place“: Wer kommt an die Kassa des Lebens?

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Ein Mann und sein Mikro: Hosea Ratschiller sucht einen Ort des Glücks, der nach Vanillekipferl riecht und nach KITT aussieht.

Ist dieser Bühnen-Hosea größenwahnsinnig? Er meint, wenn er die Zeit zurückdrehen könnte, wäre der Weg zum Milliardär oder zur Weltherrschaft ein Leichtes.

 

Dabei sei richtiges Wünschen eine „Präzisionsarbeit“. Hätte er im Kindesalter Besuch von einer Fee erhalten, hätte er sich nie enden wollende Vanillekipferln und ein sprechendes Auto gewünscht. Und der dritte Wunsch? „Ich will ins Fernsehen.“

Der Bühnen-Hosea dürfte Ähnlichkeiten mit Hosea Ratschiller haben, der im echten Leben (dreifacher) Familienvater ist – und es ins TV geschafft hat („Pratersterne) – und ins Radio, als FM4-Ombudsmann. Als Kabarettist hat er sein neuntes Soloprogramm „Happy Place“ im Wiener Stadtsaal präsentiert. Darin beweist seine Tochter mehr ökonomische Präzision als der Papa. Gefragt, welche eine Sache aus dem Supermarkt sie gern hätte, antwortet sie: „Die Kasse.“

Mann mit Mikrofon auf einer Bühne

Hosea Ratschiller

Generationenporträt

„Happy Place“ ist ein Generationenporträt. Es spricht nicht nur jene besonders an, die bereits Kinder haben, sondern auch jene, die bei der Jahrtausendwende den Zusammenbruch sämtlicher Computer befürchtet haben. Passiert ist ja nix – aber danach umso mehr. In Genua seien 2001 bei den G-8-Protesten die Menschenrechte außer Kraft gesetzt worden, wenig später rasten Flugzeuge ins World Trade Center.

Ratschiller erweist sich einmal mehr als Sozialkritiker und verschweigt das politisch links schlagende Herz nicht. „In meiner Kindheit gab es einen Milliardär – Dagobert Duck“, sagt er. Heute gebe es Tausende, „und keine einzige Ente dabei“. Dafür Leute wie Musk, die sich durch das Liebäugeln mit der Politik wertvolle Sozialdaten erkaufen können. Er lobt das Mittelmaß: „Das kommt nicht von selber, da muss man einiges dafür tun.“ Ganz hinauf sei es komplett weit. Nicht jeder könne den Orgasmus „hinauszögern bis zur Pension“.

Er philosophiert über Proteinmarmelade im Kühlschrank, Automatenshops, „Anlagekobolde“ auf Youtube und „Brutkästen“ im Supermarkt, die den Leberkäse warmhalten. Er findet, weil es auch eine Rahmenhandlung gibt, beim Maturatreffen genau eine Person, mit der er sich versteht: Sveti. Und die gibt ihm eine Visitenkarte mit der Aufschrift „Happy Place“ und lädt ihn ein, dort hinzukommen.

Cliffhanger

Mit diesem Cliffhanger entlässt Ratschiller das Publikum in die Pause. Und wo im ersten Teil die Lebensweisheiten noch allzu gemächlich ausgebreitet wurden, geht es dann mit einem irrwitzigen Pointen-Stakkato weiter, das man sehen muss, um es glauben zu können. Über smarte Haushaltsgeräte sagt er: Für den Dosenöffner werde es mit der Weltherrschaft „eng, weil bis der eine Dose offen hat, hat der Staubsauger schon die Aufmarschpläne fertig.“ Die geschliffenen Sätze sind eine satirische Waffe, Ratschiller setzt sie nicht durchgehend verschwenderisch ein, nimmt das Tempo wieder zurück (Regie: Petra Dobetsberger).

Was der „Happy Place“ am Rande Wiens dann wirklich ist, sei hier nicht verraten, Bühnen-Hosea findet dort jedenfalls eine schräge Erinnerung an die Schulzeit. Dies gelingt auf genial-paradoxe Weise wie viele Gedankensprünge dieses Abends, der auf glückvolle Weise nachdenklich macht.

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