Unter Denkmalschutz, aber verwahrlost: Historische Bauten in Dornbach und Währing
Villa Schapira in Wien.
Manchmal werden markante Häuser mit Persönlichkeit zu Bausünden. So ist das sogenannte Terramare-Schlössl in Dornbach, Heuberggasse 10, seit Jahren in einem beklagenswerten Zustand.
Die malerisch-frühhistoristische „Herrschaftsvilla“ mit Türmchen und breiter Freitreppe, Baujahr 1865, bekam von den Architekten Fellner & Helmer, die bekanntlich vor allem Theater in der ganzen Monarchie errichteten, 1904 eine Neugestaltung mit charakteristischen Dekorelementen wie Terrakotta-Madonnenmedaillons und einem plastischen Pfau am Giebel.
In marodem Zustand: das Terramare-Schlössl.
Das Interieur umfasste eine zweigeschossige Halle, eine hölzerne Doppeltreppe, eine Galerie mit Balustrade und eine Oberlichte mit Blumenfries.
Der Familie von Georg Eisler von Terramare (1889–1948), Schriftsteller und Regisseur aus dem Hofmannsthal-Kreis, von dem im Burgtheater das Prinz-Eugen-Stück „Die stille Stunde“ aufgeführt wurde, gehörte das Anwesen. Er schreibt noch im Exil in Bolivien 1948 die Weihnachtslegende „Uns ward ein Kind geboren“ in Erinnerung an seine verlorene Heimat mit Hinweisen auf Dornbach und auf sein Sommerdomizil in der Heuberggasse, das 1930 um knapp 200.000 Schilling an Albine Hutterstrasser verkauft wurde.
Ein Pfau als Giebelschmuck des Terramare-Schlössls.
Sie war verwandt mit der bekannten Wiener Unternehmer- und Bankiersfamilie. Zu der gehörte Carl Hutterstrasser (1863–1942), auch als Charles Vernay bekannt, Bankier, Komponist und ab 1909 Eigentümer der Klavierfabrik Bösendorfer.
Zuletzt als jugoslawische und dann bis 2014 als Residenz der kroatischen Botschaft genutzt, verfällt der seit zehn Jahren leer stehende Bau – heute Eigentum des Staates Bosnien und Herzegowina – trotz Denkmalschutz seit 2018.
Charme von einst
Der Zahn der Zeit nagt auch an der Villa Schapira im Währinger Cottage in der Max-Emanuel-Straße 17 am Türkenschanzpark, die zum Verkauf auf dem Markt ist. Blickfang sind die mit Efeu bewachsene Fassade, eine große steinerne Außentreppe, schlanke Säulen, eine repräsentative Terrasse und ein pittoresker Charakter mit Erkern, großem Dachstuhl und einem parkähnlichen Garten.
Das denkmalgeschützte Objekt – architektonisch vom englischen Landhausstil inspiriert und im barockisierenden Heimatstil der frühen 1920er-Jahre ein Unikum – wurde ursprünglich für Marianne Schapira errichtet. Deren Ehemann Mihai war ein rumänischer Eisenbahnbaron mit engen Verbindungen nach Wien, Bukarest und der Côte d’Azur. Die Schapiras verlegten im Zuge des aufkommenden Antisemitismus ihren Lebensmittelpunkt sukzessive nach Frankreich und schließlich nach New York, wo Tochter Ileana eine bedeutende Galeristin wurde.
Die Villa Schapira oder „The Rosen House“ mit Rundbogenfenstern in Währing.
Promi in Manhattan
Marianne heiratete später den russisch-stämmigen Maler und Kunstsammler John D. Graham (1898–1961), der in der New Yorker Avantgarde-Szene umtriebig war und Einfluss auf Künstler wie Jackson Pollock oder Willem de Kooning hatte.
Indes wohnten seit 1927 in Wien drei Generationen der jüdischen Großhändler-Familie Rosen (ursprünglich Rosenblüth) in ihrer Villa, die deshalb auch lange „The Rosen House“ genannt wurde. Bis zur Tragödie nach dem „Anschluss“: Robert und Johanna Rosen wurden in Konzentrationslager deportiert und im Holocaust ermordet, woran ein „Stolperstein“ vor dem Tor erinnert.
Die Villa Schapira von innen.
Ab 1994 im Besitz der Bundesimmobiliengesellschaft war die Villa bis 2017 an die Universität für Bodenkultur (BOKU), die hier das Institut für Hydrobiologie einrichtete, und später an die Akademie der bildenden Künste vermietet. Konkrete Pläne für eine Nachnutzung gibt es nach wie vor nicht. Die Zukunft ist ungewiss.
Buchtipp: Johannes Sachslehner, Robert Bouchal: „Wiener Villen und ihre Geheimnisse“. 240 S., Styria Verlag, 35 €
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