Herrn Berts unglaubliche Reise im toxischen Gröni-U-Boot

Früher einmal, da durften sich die Schauspieler des Burgtheaters auch mit eigenen Projekten austoben. Johannes Krisch realisierte den Lou-Reed-Abend „Mirror“, Dorothee Hartinger dramatisierte Marlene Haushofers Roman „Die Wand“. Und Joachim Meyerhoff erzählte unter dem Titel „Alle Toten fliegen hoch“ in sechs Teilen pointiert aus seinem Leben.
Heutzutage scheint man als Ensemblemitglied Ideen woanders wahr werden lassen zu müssen – etwa im Bronski & Grünberg: Am Freitag brachte Sarah Viktoria Frick mit ihrem Mann Martin Vischer (von 2015 bis 2019 an der Burg) ihre Version von „Das Boot“ zur Uraufführung. Der Saal war mit Burg-Stars geflutet – von Birgit Minichmayr und Katharina Lorenz über Michael Maertens und Marie-Luise Stockinger bis zu Sabine Haupt und Dietmar König. Doch das Team Frick-Vischer hätte keine Fans als Unterstützung gebraucht: Ihm gelang in Franziska Bornkamms metallischer, überaus beengter Schlafkoje-Maschinenraum-Kombüse ein unglaublich witziger Abend.

Dieses Fest des Slapsticks und der Sprachspielereien ist das glatte Gegenteil zur Burg-Warnung „Aufwachen, bevor es wieder finster wird“: Frick und Vischer machen zwar mit einem dystopischen Ende klar, dass sich was ändern muss, aber sie verwenden nicht den Holzhammer. Sondern jenen Gumminapf-Dildo, den man in Österreich „Steßl“ nennt. In ihrer Parodie auf den Film „Das Boot“ von Wolfgang Petersen im Stil des Hollywood-Trios ZAZ („Die unglaubliche Reise in einem verrückten Flugzeug“) ist er nicht nur des Seemanns Waffe, sondern das phallische Allzweckwerkzeug schlechthin.
Der Plot wird grob beibehalten, aber ohne Verortung in der NS-Zeit: Ein Journalist nimmt an einer Mission eines U-Boots teil. Einst von Herbert Grönemeyer verkörpert, heißt er nun „Herr Bert“: Mit dem Macho-Gehabe der Besatzung – Johanna Orsini brilliert als lässiger Klaus Trofobjew, Raphaela Möst als basisdemokratieversessener Matrose Mark Trose – kommt dieses Weichei nur schwer klar: „Alles toxisch hier!“
Zur Höchstform läuft Ex-Burg-Schauspieler Peter Knaack auf, wenn das Boot abtaucht: Während alle anderen – auch Reini Moritz als Koch Kai Jüte und Kai Lentrodt als Kapitänleutnant Karl Leu – völlig unbeeindruckt bleiben, schleudert es ihn gewaltig herum. Und an seinem formlos werdenden Gesicht ist die ganze Tragödie ablesbar.
Dass jede Menge Zitate folgen – von „Die Caine war ihr Schicksal“ bis zu den rasch wachsenden Bärten der Beatles in „Yellow Submarine“ – versteht sich von selbst. Und natürlich lässt sich alles trefflich mit Gröni-Sätzen kommentieren: Wann ist ein Mann ein Mann?
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