Was interessiert Sie an dem Stück?
Ich habe in Amerika studiert, und das Stück interessiert mich, weil ich einen großen Spaß hatte an den Stand-up-Comedians, die eine unglaubliche Frechheit an den Tag legen und damit etwas hervorrufen bei den Zuschauern und Zuschauerinnen, das normalerweise unter Verschluss gehalten wird. Also Lenny Bruce oder Groucho Marx, das sind meine Helden. Und sie kommen auch in diesem Stück vor, natürlich nicht in dieser extremen Schärfe. Aber ich glaube, Neil Simon hat eine richtig große Ahnung von Comedy Writing.
Dieses Stück ist ja schon unglaublich oft aufgeführt worden, jeder kennt es. Wie inszeniert man das heute?
Indem man es ernst nimmt. Dann entdeckt man, dass es erstaunlich gut ist, weil es enorme Themen drin hat, die nicht nur als Witzarena dienen. Da geht es um: Ich bin ausgegliedert, nicht mehr Teil des Arbeitsmarktes, ich bin eine Null. Man denkt an den nahenden Tod. Es ist eine Endrunde in einem Marathon von einem Leben. Und das Tolle ist, dass beide behaupten, sie seien wahnsinnig glücklich. Und diese Art von Lebenslüge, die kennen wir. Und diese Themen sind der Unterbau einer Komödie, die man oft als zu leicht bezeichnet. Was mich interessiert, ist das Paradox zwischen profunder Thematik und leichter, schriller Farce.
Passt das Stück noch in unsere Zeit?
Wir haben heute eine Geschwindigkeit im Reden, die in dem damals verfassten Text noch nicht vorhanden ist. Wir haben den Text vielleicht um ein Drittel gekürzt, schneller gemacht, denn die heutigen Zuschauer sind auch viel schneller.
In dem Stück gibt es zwei Komödianten, die durch das Fernsehen verdrängt werden. Wie ist es heute? Das Fernsehen ist jetzt angeblich selbst im Sterben begriffen, wir haben soziale Medien, Tiktok. Wie ist die Situation der Comedy heute?
Ich kenne mich da ja nicht so wahnsinnig gut aus, aber man kann feststellen, dass es in Amerika und Deutschland tolle Leute gibt. Wenn man etwa Hape Kerkeling nennt, seine Darstellung der holländischen Königin, das kann man immer noch sehen. In Amerika ist Louis C. K. zurückgekehrt. Der wurde ja gecancelt und ist mit einer fantastischen Wut zurückgekehrt und wird wahrscheinlich in den kommenden Jahren zum absoluten Superstar. Denn er hat, was man braucht für Comedy, das ist ein natürlich gebauter Zorn. Und die Amerikaner sind begabt, was Zorn angeht, das ist ein wütendes Volk. Wir in Europa sind ja Gutmenschen. Dieses soziale Programm ist ja die Voraussetzung für Politiker, die eine Rüpelhaftigkeit haben, Trump ist sicher der grandioseste Rüpel.
Wie ist die Zusammenarbeit mit den alten Hasen Meyer und Föttinger? Die können ja alles, wie inszeniert man die?
Ich bin ja der Dienstälteste in der Runde, der absolut älteste Hase. Ich bin seit 52 Jahren am Theater. Die zwei Burschen können einfach schon recht viel, sind aber glücklicherweise noch nicht so festgefahren in ihrem Können, dass man nicht noch eine Verhandlungsmasse mit ihnen hätte. Es ist eine Sachlichkeit und Heiterkeit am Werk, die uns gut gefällt.
Die Premiere ist am 19. Dezember. Ist das Stück ein Weihnachtsgeschenk für das Publikum?
Das wird man dann sehen. Es ist so gedacht, aber man kann sich ja auch täuschen.
Ist es angenehm, vor Weihnachten viel zu tun zu haben? Ist man abgelenkt vom Weihnachtsstress?
Ja, Theater ist ja immer mit Stress verbunden, ich vergleiche das mit einem Marathon, wo man mehrere Laufkrisen hat und sich über einige Kilometer schleppen muss.
Sind Sie Marathon gelaufen?
Nein, ich war Stabhochspringer.
Was war Ihre beste Höhe?
Wissen Sie, die wird, seitdem ich sie gesprungen habe, jährlich höher. Also lassen wir das! Aber die Arbeit läuft.
Wie beurteilen Sie die Situation des Theaters? Ist das Theater in Gefahr?
Nein. Die Leute haben die Schnauze voll von diesen digitalen Abbildungen. Im Theater gibt es diese Einmaligkeit vom Dasein in der Zweisamkeit oder Vielsamkeit. Das ist grandios und widerspricht dem digitalen Lauf. Ich glaube, das deutsche Theater hat das Problem, dass es viel zu viel Kommentar zu einem Stück produziert und viel zu selten das Stück selbst vermittelt. In meinem Stammhaus, dem Schauspielhaus Zürich, haben wir jetzt einen dramatischen Intendanten, keinen postdramatischen Intendanten. Und was passiert? Die Leute kommen!
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