Brückenschlag mit frivolem Weihnachtsbaummännchen von Gelatin
Bald wird man wieder singen: „Von drauß, vom Walde komm’ ich her. Ich muss euch sagen, es weihnachtet sehr!“ Dort, im Walde, steht ein Männlein „ganz still und stumm“, wie Hoffmann von Fallersleben einst dichtete, noch dazu „auf einem Bein“.
Im Falle der ewig pubertierenden Boygroup Gelatin wird es aber nicht die Hagebutte sein. Im Auftrag von Agnes Husslein-Arco, der Gründungsdirektorin der Heidi Horten Collection, schuf sie einen nur auf den ersten Blick putzigen Weihnachtsbaum: ein Plüschtiermännchen, aufgeputzt mit mehreren Glaskugeln.
Dieses kann, auf einer Besucherbank balancierend, gerade noch das Gleichgewicht halten. Und so steht es stellvertretend für viele, wenn es im Advent gilt, zahlreiche „Bälle in der Luft zu halten“ und dabei „eine gute Figur“ zu machen. Gelatin beschreibt die Arbeit daher auch als „Balance zwischen Gestus und Gymnastik“.
„Arc de Triomphe“
Und ihr Wesen beweist, wenn man genauer schaut, enorme Standfestigkeit. Es erinnert natürlich an den „Arc de Triomphe“, den Agnes Husslein 2003, damals Direktorin des Rupertinums, in Auftrag gegeben hatte: Der nackte, artistisch eine Brücke machende, dabei ungeniert Trinkwasser lassende Mann im Salzburger Festspielbezirk war der Kunstskandal des Sommers 2003. Der Bürgermeister ließ die Skulptur erbost einhausen.
Der Titel der neuen, drei Meter hohen Plastik lautet „Frohes Fest 2“. Der Zweier verweist darauf, dass Gelatin schon einmal einen Weihnachtsbaum ersonnen hat – im Jahr 2010. Auch im Auftrag von Agnes Husslein, damals Direktorin des Belvederes. Die fleischfarbenen, aufeinandergetürmten Riesenkugeln evozierten einen Aha-Effekt bei all jenen, die ihr „Weihnachtsshopping im Fachhandel für Erotika“ erledigen, wie es die Tante Presse vornehm umschrieb.
Seit damals gab Husslein alljährlich einen Weihnachtsbaum in Auftrag (Christbäume waren die wenigsten). Und sie setzte die Tradition auch in der Heidi Horten Collection fort – mit Manfred Erjautz (2022), Tillman Kaiser (2023) und Maruša Sagadin (2024). Das Plüschtiermännchen von Gelatin wird wohl der letzte gewesen sein: Agnes Husslein übergab mit 1. November die Leitung an Verena Kaspar-Eisert, zuvor Chefkuratorin des MuseumsQuartiers.
Das Weihnachtsbaummännchen von Gelatin schaute zu: Verena Kaspar-Eisert überreichte Agnes Husslein Blumen.
Sich zurückziehen zu müssen, dürfte ihr schwergefallen sein. Am Montag, bei der Präsentation des Gelatin-Männchens im Hanuschhof, trug Agnes Husslein denn auch Schwarz. Aber sie lächelte tapfer, als ihr die Nachfolgerin einen Blumenstrauß überreichte.
Und die Tradition wird von Kaspar-Eisert sicher fortgesetzt. Wie sie die Heidi Horten Collection weiterentwickeln will, gibt sie am 22. Jänner bekannt. Mit der ersten von ihr kuratierten Ausstellung ist aber erst im Herbst zu rechnen.
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