Es war nicht das erste Mal, dass Styles vor der Kamera stand: So spielte er beispielsweise in Christopher Nolans Weltkriegsdrama „Dunkirk“ eine signifikante Rolle. Trotzdem teilte er der internationalen Presse in aller Bescheidenheit mit, dass er beim Schauspielen „das Gefühl habe, keine Ahnung zu haben, was ich tue. Und das macht ziemlich viel Spaß.“
Ziemlich viel Spaß macht es auch, dem 28-jährigen Superstar bei seinem trefflichen Spiel in der Suburbia-Satire „Don’t Worry Darling“ (Filmstart: 23. September) zuzusehen. Olivia Wildes Sci-Fi-Story spielt in einer schicken, sonnigen Retortensiedlung namens Victory, die zwar mitten in der Wüste liegt, aber sonst nichts an Luxus vermissen lässt. Teure Häuser, Gärten, Swimmingpool und Palmen: Bewohnt wird die Anlage von schönen, jungen Paaren; ganz im schicken „Mad Men“-Stil der 50er-Jahre schlürfen sie Cocktails, machen Party und genießen in knallbunten Technicolor-Farben ihr wohliges Leben.
Die Männer – darunter auch Harry Styles als Jack – besteigen morgens ihre schnittigen Autos und fahren in die Arbeit, während die Frauen die Häuser putzen, sich mit ihren Freundinnen treffen und für den Mann schön herrichten.
Jack ist mit der umwerfenden Alice – gespielt von der mitreißenden Florence Pugh – verheiratet, mit der er am liebsten Tag und Nacht Sex haben möchte, gerne auch auf dem Küchentisch.
Allein die Sexszenen haben im Vorfeld von „Don’t Worry Darling“ kleine Wellen geschlagen; ebenfalls für Aufmerksamkeit sorgte die Tatsache, dass Shia LaBeouf die Rolle von Jack hätte spielen sollen, dann aber von Olivia Wilde gefeuert und mit Harry Styles ersetzt wurde, der seit 2021 mit der Regisseurin liiert ist. Reibereien schien es auch mit Florence Pugh gegeben zu haben: Sie wurde angeblich bedeutend weniger gut bezahlt als Harry Styles.
Das meiste Geld konnte Olivia Wilde aber sicherlich damit sparen, dass sie selbst eine Nebenrolle übernahm und Alices beste Freundin Bunny verkörpert.
Sie hätte als Schauspielerin so viel schlechte Rollen spielen müssen, dass sie beschlossen habe, selbst Regisseurin zu werden, erzählte Olivia Wilde in Interviews (und bezog sich damit hoffentlich nicht auch auf ihre Rolle in Stefan Ruzowitzkys Hollywood-Debüt „Cold Blood – Kein Ausweg. Keine Gnade“). Bereits mit ihrem Erstlingsfilm, der smarten Teenie-Komödie „Booksmart“ erregte Wilde Aufsehen; mit ihrer selbstbewussten und temporeich inszenierten Fifties-Farce „Don’t Worry Darling“, die den (männlichen) Traum von traditionellen Genderrollen aufs Korn nimmt („Sei ein gutes Mädchen und koch’ das Abendessen!“) hat sie sich nun als souveräne Hollywood-Playerin etabliert. Und auch Harry Styles erwies sich als guter Griff: In der Rolle des besorgten Ehemanns, der zwischendurch auch einen fulminanten Stepptanz hinlegen kann, zeigt er viele Gesichter.
Die Oscarglocken läuten schon.
Apropos Oscar: Venedig gilt als Startrampe, in der sich (amerikanische) Filme für die Oscarsaison in Stellung bringen. In diese Richtung schielt wahrscheinlich auch Darren Aronofsky mit seinem schwerfälligen Ein-Raum-Drama „The Whale“, das im Wettbewerb um den Goldenen Löwen gezeigt wurde.
Das Besondere an „The Whale“ ist sein Hauptdarsteller: Brendan Fraser, der großen Masse schlank und rank bekannt aus der Abenteuer-Reihe „Die Mumie“, spielt einen adipösen Englischlehrer namens Charlie – und wiegt in der Rolle knapp unter 300 Kilogramm.
Für seinen Comeback-Film bekam Fraser einen Fettanzug umgeschnallt, der ihn in einen immensen Fleischberg verwandelt. Mit Schweißperlen auf der Stirn und pfeifendem Atem, verbringt er die meiste Zeit auf der Couch, denn Aufstehen ist kaum möglich; auch gehen kann Charlie nur mit Rollator.
Aus Unglück über den Tod seines Lebenspartners frisst er sich zu Tode. Riesige Salami-Pizzen werden dick mit Mayonnaise beschmiert und in großen Happen hinuntergewürgt. Charlie hat nur noch ein einziges Ziel in seinem Leben: Frieden mit seiner 17-jährigen Tochter Ellie („Stranger Things“-Star Sadie Sink) zu schließen.
Was genau Darren Aronofsky an dem monotonen Bühnenstück interessiert haben mag, lässt sich nicht leicht beantworten. Für Brendan Fraser aber ist „The Whale“ zweifellos die bisher schwerste Rolle seiner Karriere – und könnte mit einer Oscarnominierung belohnt werden.
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