Ein Sack voll Juwelen – und doch starb Ex-Kaiser Karl I. verarmt
Monte hoch über Funchal: Grab von Kaiser Karl
Plötzlich, nachdem Gras über die Sache gewachsen war, tauchte „der Schatz der letzten Kaiserin“ wieder auf – in einem kanadischen Banksafe. Und so nimmt es nicht wunder, wenn man sich fragt, ob die Habsburger rechtmäßig in den Besitz der Juwelen gekommen sind.
Karl Habsburg-Lothringen, der Enkel des letzten Kaisers, meinte gegenüber dem ORF, dass die Familie die Causa genau prüfen ließ. Laut den Gutachten sei „völlig klar, dass es sich um reinen Privatbesitz handelt, dass es keine Ansprüche vonseiten der Republik auf diese Objekte gibt.“
Doch ganz so einfach ist die Geschichte nicht. Denn man unterschied in der Kaiserzeit zwischen dem hofärarischen Vermögen (das nach dem Zusammenbruch der Monarchie der Republik zufiel) und dem nachweisbar freien Privatvermögen der Habsburger. Was aber waren die Juwelen?
Der KURIER berichtete, dass am 1. November 1918 einer der engsten Mitarbeiter von Kaiser Karl I. in dessen Auftrag Vitrinen in der kaiserlichen Schatzkammer in der Hofburg leeren ließ und zum Michaelerplatz brachte. Dort hätte ein Auto mit laufendem Motor zur Fahrt in die Schweiz gewartet. Aber stimmt das?
Karl dankte erst etliche Tage später, am 11. November, auf Schönbrunn ab. Da das Schloss nun dem Staat Deutschösterreich gehörte, konnte er nicht mehr bleiben: Noch am gleichen Abend begab er sich mit Familie und Gefolge nach Eckartsau im Marchfeld, das noch im Eigentum des kaiserlichen Familienfonds und damit im Privatbesitz der Habsburger stand.
Schweizer Exil
Karl ging mit Ehefrau Zita erst im März 1919 ins Schweizer Exil. Und erst im April 1919 wurden viele strittige Punkte im „Habsburgergesetz“ geregelt. Auch Eckartsau ging in den Staatsbesitz über.
Eine Klärung über die Juwelen kam aber nicht zustande, sagt der Historiker Oliver Rathkolb gegenüber dem KURIER: Die Regierung hätte 1921 vorgeschlagen, ein Schiedsgericht einzusetzen, was aber von Karl strikt abgelehnt worden sei.
Rathkolbs Kollege Stefan Karner hat eine plausible Erklärung parat. Nach der Ermordung des Zaren 1917 herrschte bei Karl die Angst, dass ihm Ähnliches widerfahren könnte. Die Familie hätte daher in den Wirren der letzten Kriegstage all das gerettet, von dem sie glaubte, dass es das Ihre sei. Vorsätzlichen Diebstahl schließt Karner aus. Zudem wollte Karl den Thron wiedererlangen (zumindest in Ungarn). Und für die Umsetzung brauchte es Geld.
Starb an einer Lungenentzündung
Da Karl tatsächlich Versuche startete, sorgten die Siegermächte dafür, dass er im November 1921 nach Madeira einschiffen musste. Doch bald ging ihm das Geld fürs Hotel aus: Karl wohnte bei einem Bankier in Monte (dort herrscht raues Klima) und starb wenig später an Lungenentzündung. Wie passt dies mit der Angabe zusammen, dass Zita die Juwelen immer mit sich getragen hätte?
Karner wie Rathkolb sprechen sich für eine Expertenkommission aus, die den komplexen Fall prüft. Und auch der Frage nachgeht, ob der Anspruch Italiens auf den Florentiner Diamanten, 1923 von Benito Mussolini eingebracht, zu Recht besteht. Dieser (im Bild) hatte einst den Medici gehört. Es bleibt also spannend.
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