Grammy: Frauen verweisen Männer auf die Plätze

Taylor Swift (links hinten), die diesmal mit leeren Händen nach Hause ging, freut sich mit Beyoncé mit
Schon bevor die eigentliche Zeremonie in Los Angeles begann, holte sich Miley Cyrus den ersten Sieg des Abends. Und zwar für ihre am roten Teppich vorgeführte Frisur. Diese sei, wenn man diversen Mode-Klatsch-Seiten im Internet glauben will, der Frisurentrend des noch jungen Jahres. Die Zeichen stehen heuer also auf: vorne kurz, hinten lang. Die Achtzigerjahre sind damit offiziell zurück.

Grammy-Gewinnerin Miley Cyrus trägt vorne kurz, hinten lang
Aber die Sängerin ist nicht nur gekommen, um ihre Stylistin berühmt zu machen, sondern weil die wichtigsten Musikpreise der Welt zum 67. Mal vergeben wurden. Dass Cyrus auch eine güldene Trophäe mit nach Hause nehmen durfte, hat sie Beyoncé zu verdanken, die sie in ihrem Song „II Most Wanted“ mitsingen lässt – dafür gab es in der Nebenkategorie „Beste Country-Duo/Gruppen-Performance“ einen Grammy. Während für Cyrus der Abend damit offiziell zu Ende war, war es für Beyoncé der Auftakt eines Siegeszugs. Der US-Superstar baute ihren Rekord aus.
Vor der diesjährigen Preisverleihung waren es 32 Grammys – drei weitere Preise (zum Abstauben) sind in der Nacht auf Montag dazugekommen. Sie hat zwar in acht der elf Kategorien verloren, für die sie dieses Jahr nominiert war, aber bei den wichtigsten Entscheidungen kam man an ihr nicht vorbei: Dass sie mit „Cowboy Carter“ den Preis für das beste Country-Album gewinnen konnte, ist eine (verdiente) Niederlage für den konservativen Teil der Country-Musikszene und jene Redneck-Radios, die das Album nicht spielen wollten.
Aber nicht nur das: Beyoncé gewinnt auch noch den Preis für das beste Album. Endlich, muss man dazusagen, denn sie musste sich bereits vier Mal in dieser Königskategorie geschlagen geben – zuletzt 2023 einem gewissen Harry Styles. Diesmal setzte sie sich unter anderem gegen Billie Eilish und Taylor Swift durch. Letztere ging – obwohl in sechs Kategorien nominiert – überraschend leer aus.
Macht sich da nach etwa eine Swift-Müdigkeit bemerkbar? Wohl kaum, es lag einfach an ihrem nicht so aufregenden Album „The Tortured Poets Department“. Aber wie es sich für eine wahre Pop-Königin gehört, nahm sie diese Pleite gelassen zur Kenntnis.
Zeitenwandel
Die Gala war dieses Jahr sehr weiblich, also geprägt von den zahlreichen Künstlerinnen, die in den wichtigsten Kategorien die Männer auf die Plätze verwiesen. Den besten Rocksong („Broken Man“) des Jahres lieferte Annie Clark alias St. Vincent. Die britische Sängerin Charli XCX, die mit ihrem Album „Brat“ das Jahr 2024 prägte, holte sich ihre ersten drei Grammys ab – unter anderem für das beste Dance-Album. Ebenfalls zum ersten Mal jubeln durfte Sabrina Carpenter – ihr Longplayer „Short n’ Sweet“ wurde als bestes Pop-Gesangsalbum gekrönt. Für ihr Lied „Espresso“ gab es einen weiteren Preis.
In einer weiteren Königskategorie, dem Rap-Album des Jahres, waren neben Doechii ausschließlich Männer nominiert. Gewonnen hat aber die 26-jährige Rapperin aus Florida. Sie konnte die 13.000 Jurymitglieder mit ihrer Songsammlung „Alligator Bites Never Heal“ überzeugen. Auch wenn Sie noch nie etwas von Doechii gehört haben – ihr gehört die Zukunft.
Chappell Roan wurde als Newcomerin des Jahres ausgezeichnet. Die 26-Jährige landete mit ihrem Debütalbum „The Rise and Fall of a Midwest Princess“ einen veritablen Hit. In ihrer Dankesrede forderte Roan Plattenfirmen dazu auf, auch junge Künstler besser zu bezahlen.
Mittelfinger
Es waren dann auch die Frauen, die an diesem Abend so etwas wie Kritik am neuen US-Präsidenten äußerten – ohne Donald Trumps Namen zu nennen: Shakira erinnerte an die Lage von Ausländern in den USA. „Ich möchte diese Auszeichnung all meinen Immigrantenbrüdern und -schwestern in diesem Land widmen“, sagte die 48-jährige Kolumbianerin, nachdem sie den Preis für das beste Latin-Pop-Album gewonnen hatte. „Ihr werdet geliebt, ihr seid etwas wert, und ich werde immer mit euch kämpfen.“
Nun zu den Männern: Rapper Kendrick Lamar nahm die meisten Trophäen (5) entgegen – hauptsächlich für „Not Like Us“, einen Schmähsong (im Hip-Hop Disstrack genannt), in dem er Kollegen Drake als Kinderschänder bezeichnet. Bloß zu Gast war der verhaltensgestörte Superstar Kanye West, dessen Freundin Bianca Censori mit ihrem – ähm – Outfit für Aufregung sorgte.
Und sonst so? Wir sind nicht Grammy. Das RSO Wien musste sich in der Kategorie „Best Orchestral Performance“ dem Los Angeles Symphonic geschlagen geben, die Rolling Stones wurden für das beste Rock-Album ausgezeichnet (langweilig), die Beatles für die beste Rock-Performance. Bemerkenswert, da es die Beatles seit über 50 Jahren nicht mehr gibt. Ausgezeichnet wurden die Hinterbliebenen für ihre mit KI aufpolierte Demoversion aus den Siebzigerjahren: „Now and Then“.
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