So etwas Ähnliches muss sich wohl der amerikanische Regisseur James Darrah gedacht haben, der in der Wiener Kammeroper seine Deutung der Oper „Giustino“ von Georg Friedrich Händel zeigt und die ursprünglich im Byzanz des sechsten Jahrhunderts angesiedelte Handlung rund um den von Fortuna begünstigten Titelhelden in das Amerika der 70er-Jahre und in ein schäbiges Motel verlegt.
Und so gibt es in der Ausstattung von Adam Rigg Hippies und Kiffer, Gangster und Waffen, einen an Sektenführer Charles Manson gemahnenden Bösewicht und eine stark aufgewertete weibliche Hauptfigur, die an Sharon Tate erinnern soll. So weit, so interessant. Nur macht Darrah aus dieser Idee viel zu wenig. Wo Tarantino Spannung oder Komik erzeugt und vielleicht noch in die groteske Überzeichnung kippt, bleibt Darrah viel zu brav. So als hätte der Regisseur Angst vor der eigenen Courage gehabt. Und manche Szenen sind einfach gar nicht gelöst. Schade!
Wesentlich spannender ist da die musikalische Seite, denn das Junge Ensemble des Theater an der Wien sowie Dirigent Markellos Chryssicos am Pult des kantig und mit sehr viel Verve aufspielenden Bach Consort Wien präsentieren ein mehr als respektablen Händel. An der Spitze: Die Sopranistin Jenna Siladie, die in der Partie der Arianna vokal wie darstellerisch zeigt, warum sie so etwas wie der Star des Jungen Ensembles ist. Sehr gut auch Kristján Jóhannesson und der kurzfristig eingesprungene chinesische Countertenor Meili Li in der Titelpartie des Giustino.
Rafal Tomkiewicz, Tatiana Kuryatnikova, Johannes Bamberger, Dumitru Madarasan und Ilona Revolskaya füllen ihre Rollen sicher aus und sind mit großer Spielfreude im Einsatz. Dass „Giustino“ nicht unbedingt das beste Werk des Komponisten ist, können aber auch sie nicht kaschieren.
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