Ausgerechnet Churchill: Johnson steht vor großen Fußstapfen
Er gilt als der bedeutendste Staatsmann Großbritanniens im 20. Jahrhundert. Und dient Gymnasiasten bis heute als willkommener Beweis dafür, dass man trotz mangelnder schulischer Leistungen Karriere machen kann: Winston Churchills Zeugnisse waren miserabel, er versuchte es in drei Eliteschulen, flog mehrmals durch und wurde nur infolge seiner aristokratischen Herkunft in eine Militärakademie aufgenommen. Boris Johnson erklärte ihn zu seinem Vorbild – und das obwohl Englands neuer Premierminister die Universität von Oxford problemlos absolviert hat.
„Missratener Sohn“
Winston Churchill wurde von seinem Vater – einem der Mitbegründer der Konservativen Partei – als „missratener Sohn“ bezeichnet. Dabei wurde Winston 1874 als Nachfahre der Herzöge von Marlborough in eine der ersten Familien des britischen Hochadels hineingeboren. Erst als Militär scheint Churchill seine Bestimmung zu finden. Der junge Offizier nimmt an den Kolonialkriegen teil, wird als draufgängerisch, jähzornig und als trinkfreudig beschrieben. Nach seiner militärischen Laufbahn Berichterstatter im Burenkrieg, gerät Churchill in Gefangenschaft und erlangt durch seine tollkühne Flucht nationale Berühmtheit.
Er nützt seine Popularität, um in die Politik zu gehen und zieht 1901 als Abgeordneter der Konservativen Partei ins Unterhaus, dem er mehr als 60 Jahre angehören wird. Er wechselt zu den Liberalen, für die er mehrere Regierungsämter innehat, muss 1915 als Marineminister („Erster Lord der Admiralität“) wegen militärischer Niederlagen zurücktreten, wird aber bald wieder ins Kabinett geholt. Nach dem Krieg kehrt er zu den Konservativen zurück.
Leben in Höhen und Tiefen
Es ist ein Leben voller Höhen und Tiefen. Während Churchill in den 1930er-Jahren politisch kaltgestellt ist, warnt er als Publizist unaufhörlich vor der aggressiven und menschenverachtenden Politik Hitlers, vorerst ohne viel Gehör zu finden.
Als aber Premierminister Neville Chamberlain 1940 infolge glückloser Kriegsführung zurücktritt, erfolgt Churchills politisches Comeback: Er wird Regierungschef.
Hitlers größter Gegner
Sir Winston weigert sich standhaft, mit Hitler zu verhandeln, wird dessen größter Gegner und stärkt damit die Bereitschaft der Engländer, den Krieg gegen Nazi-Deutschland fortzusetzen. Und das, obwohl er die britische Armee in einem jämmerlichen Zustand übernommen hat. Höhepunkte seiner politischen Erfolge sind der Sieg der Alliierten über Deutschland und Japan und die Gipfeltreffen mit den US-Präsidenten Roosevelt und Truman sowie Kremlchef Stalin, mit denen er über die Machtverteilung in Europa nach dem Zweiten Weltkrieg entschied.
Trotz des Triumphs, den Krieg gewonnen zu haben, verliert Churchill 1945 die Unterhauswahlen an den sozialistischen Politiker Clement Attlee, der neuer Premierminister wird. Doch ein Churchill gibt sich so schnell nicht geschlagen. Er stellt sich 1951 noch einmal den Wählern und kehrt in Downing Street 10 zurück. Abtreten muss er erst, als die Gesundheit 1955 im Alter von 81 Jahren nach mehreren Schlaganfällen nicht mehr mitspielt. Abgeordneter bleibt er aber bis er 90 ist.
Churchill war übergewichtig und starker Zigarrenraucher, aber sein angeblicher Spruch „No sports“ wird durch nichts erhärtet, im Gegenteil, er war ein leidenschaftlicher Reiter, Polo- und Tennisspieler. Weitere Hobbys waren malen und schreiben, beides mit großem Erfolg: 1953 erhielt er für seine Schriften – darunter das Standardwerk „Der Zweite Weltkrieg“ – den Literaturnobelpreis.
Verheiratet war Churchill mit Clementine Hozier, nachdem zwei andere Damen der Gesellschaft seine Anträge abgelehnt hatten. Der Ehe, die mehr als ein halbes Jahrhundert bis zu Churchills Tod 1965 hielt, entsprangen fünf Kinder.
Ausgewählte Zitate Winston Churchills
Unterschied zu Johnson
Der Punkt, in dem Boris Johnson seinem Vorbild gar nicht nacheifert, ist der: Während Churchill einer der Vordenker der europäischen Einigung und damit der Europäischen Union war, würde sie Johnson lieber heute als morgen verlassen. Und ein Satz seines Idols sei Boris Johnson ins Stammbuch geschrieben: „Wenn Europa einmal einträchtig sein gemeinsames Erbe verwalten würde“, meinte Churchill, „dann könnten seine drei- oder vierhundert Millionen Einwohner Glück, Wohlstand und Ruhm ohne Grenzen genießen.“
Ausgewählte Zitate Boris Johnsons
Originelle Wortmeldungen
Was Churchill und Johnson verbindet, ist die Neigung zu originellen Wortmeldungen. Von Sir Winston wird erzählt, dass er bei einem Diner neben der noblen Lady Nancy Astor saß – die ihn nicht ausstehen konnte. Beim Dessert sagte Lady Astor zu Churchill: „Wenn Sie mein Mann wären, würde ich Ihnen jetzt Gift in den Tee schütten.“
Worauf Sir Winston erwiderte: „Und wenn Sie meine Frau wären, würde ich ihn auch trinken.“
Best of Boris - Bilder aus 20 Jahren Politkarriere
Boris Johnson tritt nach einigen Skandalen zurück - damit räumt ein Politiker das Feld, der die Macht der Bilder nutzte wie wenig andere. Seine selbstironische Art und Weise hat der Öffentlichkeit regelmäßig Fotos zum Schmunzeln geschenkt.
Boris Johnson mit einem Räucherfisch, der angeblich wegen EU-Regularien in Plastik verpackt werden müsse, was Johnson aufregte (auch wenn es sich in Wahrheit um ein britisches Gesetz handelte), Juli 2019.
Johnson schert ein Schaf im nordenglischen Nosterfield, bei einem Wahlkampf-Auftritt im Juli 2019.
Und riecht danach an seinen Händen.
Johnson mit einem selbst gemalten Gemälde der Queen
Boris Johnson steht kurz vor seinem größten politischen Erfolg, Juli 2019.
Johnson auf einem Wahlkampf-Event der Tories, im Juli 2019.
Johnson zapft öffentlichkeitswirksam Bier, in der Wetherspoons Metropolitan Bar in London, Juli 2019.
Boris Johnson, außerhalb seines Hauses in Oxfordshire, serviert Journalisten im August 2018 Tee.
Johnsons Markenzeichen: Die Haarpracht, vom Winde verweht, im August 2010.
Noch einmal Johnsons Haarpracht, vom Londoner Winde verweht, im Mai 2015.
Beim Seilziehen am "Poppy Day" 2015, in London, setzte sich Johnson in Szene. Er tritt allgemein immer wieder in sportlicher Pose vor die Kamera.
Johnson spielt nämlich auch gerne Rugby...
...und nimmt dabei wenig Rücksicht. Auch nicht auf japanische Kinder. Im Oktober 2015 rammte er den zehnjährigen Toki Sekiguchi bei einem Spiel in Tokio.
Johnson ist ein begeisterter Fahrradfahrer, wie auf diesem Foto, aus dem Jahr 2015 zu sehen ist.
Als Boxer macht er sowieso gute Figur, wie hier, im Mai 2014, in North Woolwich, London.
Johnson als Bürgermeister von London, im Mai 2015
Johnson vor dem Kunstmuseum in Singapur, 2014
Johnson mit Prinz Harry im September 2014, während er dem Rollstuhl-Rugby-Team Großbritanniens applaudiert.
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