Dieses fast 400 Seiten starke Stück Weltliteratur in nur 85 Minuten auf die Bühne zu bringen, scheint jedoch schwer möglich. Nicole Metzger hat es aber geschafft. Präzise hervorgehobene Zitate (z. B. „Unwissen ist Macht“) blitzen wie Schlagwörter auf. So funktioniert Propaganda. Ein paar Tische (Raoul Rettberg), Video-Projektionen und Ausschnitte aus einem Orwell-Interview reichen ihr, um einem glänzenden Ensemble das ideale Ambiente zu verschaffen.
Wenn Samuel Schwarzmann als Winston nervös seine Gedanken in einem schwarzen Notizbuch festhält oder bedrohliche Gestalten zum allgemeinen Hass Aufstellung nehmen, fühlt man sich sofort im Fokus des „Großen Bruders“, der alle und alles überschaut. Beklemmung pur.
Jeder verrät jeden. Famos verkörpert Peter Pausz O’Brien, den Schergen des „Big Brother“, der sich seinen künftigen Opfern als vermeintlicher Widerstandskämpfer ausgibt. Jede und jeder im Ensemble (Julia Handle, Dana Proetsch und Gabriel N. Walther) überzeugt. Aufführungen, wo man gebannt nur das Geschehen auf der Bühne verfolgt, obwohl man die Handlung kennt, sind rar. Umso faszinierender, eine solche zu erleben.
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