Fruchtbare Publizität: "Die Furche" wird 75

Fruchtbare Publizität: "Die Furche" wird 75
Die Wochenzeitung „Die Furche“ feiert Jubiläum und schaut mit den Lesern zurück

Sagen Sie niemals „katholische Wochenzeitung“ zu ihr. Die Furche, ein heimisches Aushängeschild für journalistische Kontemplation, feiert heute, Dienstag, Jubiläum: Die erste Ausgabe erschien vor 75 Jahren, nach Ende des Zweiten Weltkrieges. Damals wie heute prägen ihre Seiten: Debatte, Diskurs, Denken.

Seit etwas mehr als einem Jahr steht der Redaktion die erste Frau vor: Doris Helmberger-Fleckl folgte Rudolf Mitlöhner nach, der nach zweimaliger Amtsausübung als Chefredakteur bei der Wochenzeitung in die Innenpolitikredaktion des KURIER wechselte.

Helmberger-Fleckl schickte die oben angeführte Bemerkung zum Katholizismus im Gespräch mit dem KURIER voraus. Man sei eben keine Kirchenzeitung, wiewohl die Furche in katholischem Geist gegründet wurde. „Sie verstand sich 1945 als Beitrag zum geistigen Wiederaufbau des Landes“, sagt sie. „Es war der Versuch, die ehemaligen Verfeindeten ins Gespräch zu bringen, also in dem verhärteten Boden eine Furche zu ziehen.“

Gegründet wurde dieses bemerkenswerte Periodikum vom Publizisten Friedrich Funder, der vor dem Krieg als christlich-sozialer Scharfmacher Einfluss ausübte. Nach den Erfahrungen in der NS-Zeit, in der er im Konzentrationslager Dachau interniert war, änderte sich das. Zeit für eine Furche.

„Wir waren immer eine weltoffene liberale Zeitung, nie konfessionell beengt“, so Helmberger–Fleckl. „Wir sind niemandem verpflichtet und hatten immer die Möglichkeit, die Kirche nach innen zu kritisieren.“ Die zahlreichen innerkirchlichen Debatten der Nachkriegszeit fanden Eingang in die Zeitung. Auch ohne Segen der Amtskirche.

Segel setzen

Die Chefredakteurin setzt mit ihrem Team zum 75. Jubiläum die metaphorischen Segel: In der 72-seitigen Sonderausgabe navigiert die Redaktion inmitten der aktuellen globalen Krise über eine Seekarte. Die Jubiläumsnummer – unter anderem mit einem bereits im Vorfeld viel zitierten Interview mit Bundespräsident Alexander Van der Bellen – wird digital von Videos und Podcasts begleitet. Auf www.furche.at findet sich auch der „Furche-Navigator“, der das Archiv der Zeitung online verfügbar macht. „Diesen Schatz machen wir zugänglich. Wir gehen Schritt für Schritt bis 1945 zurück.“ Aktuell reicht der Navigator bis 1998, der Ausbau erfolgt schrittweise.

Das befriedigt den Forschergeist der interessierten Leserschaft, die sich durch die Jahrzehnte klicken kann, in denen so manche Glanzleistung veröffentlicht wurde. Auch die aktuell stattfindende Berichterstattung bedient sich dieses Tools. „Am Ende jedes Beitrags erscheint eine Zeitleiste, die auf Artikel aus dem Archiv verweist, die zu dem Thema erschienen sind“, schildert die Chefredakteurin. „Es ist mehr als eine Schlagwortsuche, das System arbeitet mit künstlicher Intelligenz.“

Historisches

Auch in der aktuellen Ausgabe finden sich sechs historische Texte, etwa von Gründer Funder, oder die Reportage von einem KPÖ-Parteitag von Barbara Coudenhove-Kalergi. Das Archiv ist übervoll.

Und die Zukunft? Hat eine Zeitung mit der etwas weniger gehetzten Reflexion im schnellen Internetzeitalter auch in 20 Jahren noch etwas zu tun? „Ich sehe das als absolutes Alleinstellungsmerkmal“, so Helmberger-Fleckl. „Wir schauen uns die großen Entwicklungen und Phänomene an und bieten da mehr als andere.“

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