Das Werk aus dem Jahre 2012, in dem Josh Groban die Hauptrolle spielte, hatte gute Kritiken in amerikanischen Medien und wird wie „Hamilton“ in die Kategorie „neues amerikanisches Musical“ eingereiht. Während „Hamilton“ (der KURIER berichtete vom Broadway) zu Recht als Meisterwerk angesehen wird, ist „Natasha, Pierre & Der große Komet von 1812“ eine qualitativ überschaubare Genremischung, die aus Ermangelung guter neuer Werke von einer fanatischen Fangemeinde begleitet wird.
Das Buch ist teilweise bedenklich, da brauchen sich Groschenromane von Bastei-Lübbe wahrlich nicht zu verstecken.
Die Bühnenfiguren reflektieren ihre Befindlichkeiten in Liebesbeziehungen auf dem Niveau „Sie liebt mich, sie liebt mich nicht …“ in nerviger Permanenz. Andere Aspekte aus dem Tolstoi-Fragment sind besser adaptiert worden.
Abgesehen davon, dass kein einziger Song im Ohr bleibt, ist die gesamte Komposition so beliebig und stilistisch überladen, dass dem Besucher die musikalischen Strukturen in einem Essay mit dem Titel „Chromatische Läufe, verquere Dissonanzen“ im Programmheft erklärt werden. Ein schneller russischer Trinkgesang in beachtlicher Länge ist der einzige Publikumshit.
Auffallend an diesem Abend ist die ungeheure Spielfreude des exzellenten Ensembles, aus dem Joel Paris (Bolkonski) und Judith Jandl (Sonja) besonders erwähnenswert sind. Andrew D. Edwards (Bühnenbild und Kostüme) und Kim Duddy (Choreografie) haben eine solide Arbeit abgeliefert.
Regisseur Matthias Davids hat sich an die Originalinszenierung angelehnt und auch einige gute Ideen eingebracht. Die europäische und deutschsprachige Erstaufführung des Werkes ist gelungen, die Qualität des Musicals als solches ist allerdings fraglich.
Freundlicher, kurzer Applaus.
Kommentare