Florian David Fitz im Interview: Süchtig nach Aufmerksamkeit

Florian David Fitz sitzend.
Der deutsche Schauspielstar spielt in der Tragikomödie „No Hit Wonder“ einen verkrachten Popstar, der in der Psychiatrie landet und dort einen Chor gründet. Ein Gespräch über Ruhm, Burn-out und Handys.

Florian David Fitz hat ein Händchen dafür, schwere Themen in leicht verdauliche Mainstream-Unterhaltung zu verpacken. Das gelang ihm mit Filmen wie „Oskars Kleid“ über Transidentitäten oder „Wochenendrebellen“, wo ein Kind mit Autismus die Hauptrolle spielte. Auch für „No Hit Wonder“ (jetzt im Kino) schrieb er selbst das Drehbuch.

Der geborene Münchner verkörpert darin einen Popsänger, der mit einem einzigen Song berühmt wurde und mit seinem Hit so lange auftritt, bis er in Depression versinkt. Nach einem halbherzigen Selbstmordversuch landet er in der Psychiatrie, wo er auf eine Glückforscherin (Nora Tschirner) trifft. Gemeinsam gründen sie einen Chor aus einer Gruppe depressiver Patienten – mit glücksspendenden Folgen.

KURIER: Herr Fitz, Singen macht glücklich, lautet eine alte Weisheit. Können Sie das bestätigen?

Florian David Fitz: Ich kann vor allem bestätigen, dass Singen in der Gruppe glücklich macht. Singen macht sicher auch so glücklich. Aber ich glaube, dass Singen in der Gruppe noch mal eine andere Qualität hat.

Was war der Ausgangspunkt für Ihr Drehbuch? 

Die Ausgangsidee war: Macht Singen wirklich glücklich? Und wenn ja, warum? Das ist aber natürlich noch kein Film (lacht). Dann kam hinzu: Was ist eine gute, also möglichst unpassende Hauptfigur (lacht), um Leute mit Singen glücklich zu machen? Jemand, der Musik hasst. Ich weiß nicht, ob Sie sich noch an Rex Gildo und seinen Hit „Fiesta Mexicana“ erinnern. Ich habe mir gedacht: Stell dir vor, du bist jemand, der diesen einen unfassbaren und etwas nervigen Hit hat, der dann wie Pech an dir klebt. Du singst ihn und singst ihn und singst ihn … und trittst am Ende irgendwo im Baumarkt auf. Ich fand, da steckt eine große Komik und eine große Tragödie drin.

An einer Stelle im Film heißt es: „Ruhm macht süchtig.“ Macht Ruhm süchtig?

Ich glaube, Aufmerksamkeit macht süchtig. Dank der sozialen Medien kann es jeder selbst probieren, aber man merkt bald, dass es sich erschöpft. Es gibt ja dieses berühmte Robbie-Williams-Zitat: „Wenn ich auf der Straße gehe und mich die Leute erkennen, ist es scheiße. Aber wenn keiner mich anschaut, ist es noch beschissener.“ Ruhm macht sehr einsam.

Der Chor im Film singt schwierige Lieder wie „Get Lucky“ von Daft Punk oder „Come on Eileen“ von den Dexys Midnight Runners. Wie haben sich die Proben abgespielt?

 Für uns war wichtig: Wie kriegen wir es einigermaßen realistisch erzählt, ohne dass sich jeder im Film denkt: „Die können doch nie so gut singen!“ Aber wir wollten auch, dass es Spaß macht und die Musik gut klingt. Deswegen haben wir Schauspieler gebraucht, die wirklich musikalisch sind. Man kann immer spielen, dass man schlechter singt, als man es im wirklichen Leben kann. Yasmin Shakeri beispielsweise singt fantastisch. Wir mussten oft zu ihr sagen: „Sing mal bitte ein bisschen schlechter!“

Florian David Fitz

Florian David Fitz: „Singen in der Gruppe macht glücklich.“ 

Ihre Hauptfigur Daniel ist suizidär. Hatten Sie Bedenken, so ein Thema für eine Komödie einzusetzen?

Wir haben viel darüber nachgedacht und uns gefragt, wie man über dieses Thema sprechen kann und wie nicht. Nummer eins: Darf man sich dem Thema mit Humor nähern? Ich bin der Meinung, man soll und man kann. Ich finde, Humor und Schicksal und Schmerz sind zwei Seiten einer Medaille. Nur dann wird das Leben rund. Wir haben uns auch lange überlegt, wie man sich dem Thema Depression nähert. Ich finde, man kann und sollte sich dem mit Humor nähern, solange man nicht lügt. Und solange es auch wehtut. Und das macht der Film ja auch: Er tut auch richtig weh. Und er behauptet nicht, dass alles fein ist. Trotzdem hat er etwas sehr Positives, weil man das Leben in all seinem Auf und Ab spürt.

Es fällt einmal der Satz: „Burn-out klingt nach Arbeit, Depression nach Loser.“ Wollten Sie da auch ein Tabu oder Vorurteil aufgreifen?

Ich wollte einfach ganz normale Leute zeigen, die aus unterschiedlichen Lebensbereichen kommen und sagen, warum sie traurig sind. Natürlich klingt Burn-out sexyer als Depression. Depression klingt ein bisschen so, als ob man faul sei, während Burn-out nahelegt, dass jemand hart gearbeitet hat und erschöpft ist. Das wollte ich einfach nur mal so hinstellen. Ich muss ja keine Lösung dafür bieten.

Eine Gruppe von Menschen steht um ein Klavier.

Depressive Patienten singen im Chor: "No Hit Wonder".

Es geht viel um Celebrity Culture in den sozialen Medien, die von Ihrer Figur als hohl und oberflächlich diagnostiziert wird. Was haben Sie für Erfahrungen gemacht?

Ich habe mit den sozialen Medien wenig Erfahrung, weil ich versuche, mich da möglichst herauszuhalten. Ich begreife soziale Medien als Arbeitsinstrument, um Aufmerksamkeit für meine Projekte zu schaffen. Aber persönlich versuche ich, mich da einigermaßen herauszuhalten, weil ich glaube, dass es am Ende ist wie ein einarmiger Bandit. Wenn ich ewig am Handy abhänge, hat das nichts mehr mit meinem freien Willen zu tun. Das ist genauso freier Wille wie Glücksspiel. Soziale Medien sind nicht gut für uns. Das wissen wir jetzt schon länger, das ist keine neue Erkenntnis. Wenn wir alle nur noch in unseren eigenen Realitäten leben, haben wir ein Problem. Das hat gesellschaftliche Auswirkungen, für die wir uns Lösung überlegen sollten, zumindest, was Kinder angeht.

Sie haben selbst Kinder. Wie werden Sie in Zukunft deren Umgang mit dem Handy und den sozialen Medien begleiten? Wir sollten uns als Gesellschaft reglementieren. Wenn wir schon merken, dass wir als Erwachsene ein Junkie-Verhalten an den Tag legen und total von sozialen Medien abhängig sind, können wir nicht von Teenagern erwarten, dass sie mehr Kontrolle darüber haben als wir. Wir müssen das als Gesellschaft anpacken. Alle wären happy, wenn man den Umgang mit sozialen Medien ein bisschen reglementieren würde. Die sozialen Medien sind in meinen Augen das Ende der Kindheit.

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