„Fleder.Strauss“ im Odeon: Strauss-Jahr mit finaler Bruchlandung

46-220533376
Koproduktion Serapions Theater und bernhard.ensemble: Eine Künstlertruppe stürzt mit „Strauss International Airlines“ ab

Es mag wie eine Ironie klingen, wenn die letzte Produktion von „Johann Strauss 2025“ den Jubilar in einer Bruchlandung im Nirgendwo verkommen lässt.

„Fleder.Strauss“, so der Titel dieses „physikalisch-musikalischen Stücks“, erzählt von einer Künstlertruppe, die mit „Strauss International Airlines“ abhebt, um die Kunst des „Walzerkönigs“ in die Welt zu tragen. Doch ihre intensive Schunkelei an Bord bringt das Flugzeug in einer lebensfeindlichen Berglandschaft zum Absturz. Das ist der Ausgangspunkt der Koproduktion von Serapions Theater und bernhard.ensemble im Wiener Odeon.

Die Geschichte basiert auf einer wahren, tragischen Begebenheit. 1972 stürzte eine Maschine aus Uruguay in den Anden ab. Einige überlebten das Unglück. Tagelang mussten sie bei arktischen Temperaturen auf ihre Rettung warten. Um nicht zu verhungern, ernährten sie sich von den Toten. Das wird auch auf der von Max Piplits und Eva Grün exzellent ausgestatteten Bühne gezeigt, Kannibalismus inklusive. Die echt aussehenden Flugzeugteile beeindrucken.

Was das alles mit Johann Strauss Sohn zu tun hat? Das ist nicht die zentrale Frage, die diese Produktion in 140 Minuten aufwirft. Und diese Minuten ziehen sich, denn das Stück versucht, viel zu erzählen, verheddert sich aber in endlos anmutenden Leerläufen.

Ob das gewollt war? Immerhin gibt es eine Szene, die selbstironisch mit dem Hinweis, „diese Szene dauert 2 Minuten“ versehen ist. Die Sekunden werden dabei per Video gestoppt. Zu sehen ist eine Frau auf einem Fahrrad.

46-220533374

Was unergründlich bleibt, ist der Umgang mit dem Jubilar. Dessen Musik erklingt zwischen Motorenlärm (oder was auch immer das ist) in einer Bearbeitung von Mario Bergamasco, die von Bernhard Fleischmann an den Soundreglern gesteuert wird. Warum aber spielt man Johann Strauss gegen Richard Strauss aus, wenn dessen „Zarathustra“ imposant eingespielt wird? Nur, weil Ernst Kurt Weigel den einen mit Silvester und den anderen mit Stanley Kubricks Film „2001: Odyssee im Weltraum“ verbindet, wie im Programmheft nachzulesen ist?

„Der Depperte“

Aber es gibt auch starke Momente. Etwa, wenn die Tänzerinnen und Tänzer des Serapions Theaters sich zur Gruppe verstörter Menschen formieren. Oder wenn deren Gründer Erwin Piplits als Dirigent im Frack als Vater Strauss auftritt und mit wenigen Worten („der Depperte“) in die Abgründe der Vater-Sohn-Beziehung blicken lässt. Am Ende bleibt die Frage: Ironisiert sich das Strauss-Jubeljahr mit dieser Bruchlandung selbst? Höflicher Applaus.

Susanne Zobl

Kommentare