Finneas im Gasometer: Songs über die Ex-Freundin und andere Verluste

NOS Alive Festival 2025
Der Bruder von Pop-Superstar Billie Eilish gastierte im Wiener Gasometer. Ein Abend ohne Tamtam.

Es ist schon ein erheblicher Unterschied im Sound, wenn man die Konzerte von Billie Eilish und das von ihrem Bruder und Produzenten Finneas vergleicht. Baut die kleine Schwester des mit zehn Grammys ausgezeichneten Musikers und Produzenten in ihren Songs mehr auf Indie-Electronic-Einflüsse, liebt Finneas in seinen Solo-Werken den traditionellen Klang von Gitarren, Drums und Keyboards. Sein Konzert im Wiener Gasometer beginnt er allein am Piano, steigt in „Starfucker“ von seinem jüngsten Album „For Cryin’ Our Loud!“ in sanftem Balladenstil ein, bevor die Band dazukommt. 

Stofftiere

All das wird von den 2.800 Konzertbesuchern wohlwollend aufgenommen. Die meisten scheinen Billie-Fans zu sein, kennen jeden Ton und kreischen nach jeder Strophe. Es folgen Songs wie „Angel“ und „The Kids Are All Dying“. Finneas wechselt zwischen elektrischer und akustischer Gitarre, setzt sich für Balladen hinter sein Piano und singt Fröhlicheres wie „2001“, während er von einer Bühnenseite zur anderen geht, eine Kappe signiert und Stofftiere aufhebt, die ihm Fans zugeworfen haben. 

Nichts an dem Sound ist innovativ. Nichts spiegelt die klanglichen Experimente, die Hip-Hop-Einflüsse oder die Reduktion auf Beats wider, mit denen er und Billie dem famosen Eilish-Debüt-Album „When We All Fall Asleep, Where Do We Go?“ so eine dichte und spannende Atmosphäre gegeben haben. Es sind einfach gute Songs zwischen Pop, Rock und Singer/Songwriter-Gesinnung, die der 27-Jährige für sich selbst schreibt – mit eingängigen Hooks und vielfältigen Rhythmen, die auch mal karibisch oder unbeschwert swingend sein dürfen. 

Er singt über die Liebe, hat für das in Wien umjubelte „Break My Heart Again“ wortwörtlich eine Konversation mit der Ex hergenommen. Er singt auch über den Verlust von Freunden, Familienstreitigkeiten und in dem herausragenden „Only a Lifetime“ über die Wichtigkeit, das Hier und Jetzt und liebevolle Beziehungen hochzuhalten. All das in ständigem Wechsel zwischen energetisch aufbauender und melancholisch nachdenklicher Stimmung.

Spielfreude

Ansprechend ist im Gasometer auch die Freude, mit der er und seine Band musizieren. Mit „Till Forever Falls Apart“ geht er auf seine dritte Karriere als gefragter Produzent ein. Denn neben Songs für Billie und sich selbst hat er schon Lieder für und mit Tate McRae, Tove Lo und Justin Bieber geschrieben. Er ist auch Schauspieler, startete vor der Kamera als 13-Jähriger in dem Film „Bad Teacher“ und sagt, dass ihm die Erfahrung als Schauspieler, das Schlüpfen in andere Rollen, sehr dabei helfe, Songs für andere Acts zu schreiben. „Till Forever Falls Apart“ ist eine Kollaboration mit der Singer/Songwriterin Ashe und wird hier genauso umjubelt wie gegen Schluss „Let’s Fall In Love For the Night“. Am Ende war es ein schöner Abend, der ohne Tamtam die Wirkung von gutem, altmodischem Songwriting in den Mittelpunkt rückte.

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