Finale von Wien Modern: Ein Happening, das auch zum Wiehern war

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Insgesamt 370 Mitwirkende realisierten im Wiener Konzerthaus „The Great Learning“ von Cornelius Cardew

Siebeneinhalb Stunden Aktion im Konzerthaus: Wien Modern, das Festival für Neue Musik, hat zum Finale „The Great Learning“ von Cornelius Cardew angesetzt. Diese Komposition aus 1968 vereint Profis und Laien zu einem Ensemble. Das Erleben von Gemeinschaft soll den Weg zu einer besseren Welt eröffnen (Organisation: Cordula Bösze).

Die Grundlage sind Texte von Konfuzius. Das Werk ist in sieben Paragrafen unterteilt. Cardew, 1936 in Gloucestershire geboren, war Assistent von Karlheinz Stockhausen. Doch bald ging der Marxist Cardew, der 1981 bei einem Autounfall ums Leben kam, eigene Wege. Die Wirkung seines Werkes ist ungebrochen, wie im Konzerthaus zu erleben war. Immer wieder setzen Trommelschläge im Foyer ein, auf der Hauptstiege erheben Menschen in Alltagskleidung ihre Stimmen, in den Sälen formieren sich andere zu Gruppen.

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Alle Türen sind geöffnet. Aus dem Mozartsaal sind Klänge von Klarinetten, Saxofonen zu hören, die vermischen sich mit dem Gesang im großen Saal. Ein Ensemble aus „ungeübten Musikern“ formiert sich, die einen schlagen mit Holzstöcken auf kleine Plastikkübel ein, andere zupfen an den Saiten ihrer Gitarren oder machen Geräusche.

Das Buffett im Untergeschoß ist zu einer großen Bastelstube umfunktioniert. Kinder malen, hantieren mit Wollfäden. Stolz präsentiert ein kleines Mädchen sein Steckenpferd. Sie wird viel später am Nachmittag mit anderen Kindern, die vom The Here & Now Collective geführt werden, in den großen Saal einziehen und in das Wiehern von Pferden einstimmen, das sich mit dem seiner menschlichen Nachahmer vermischt.

In Harmonie verbunden

Einer der schönsten Momente ist der Auftritt dieser Kinder, die auf dem Konzertpodium ihre Plätze einnehmen. Konzentriert blicken sie auf einen Dirigenten, einige von ihnen wechseln sich mit ihm am Pult ab. Irgendwann dürfen auch einige im Publikum mit den Steckenpferden spielen.

Um 18 Uhr füllt sich langsam der große Saal. Menschen summen und singen, jeder für sich und trotzdem sind alle, die 370 Mitwirkenden, die Intendant Bernhard Günther als Erfolg verbuchen kann, und das Publikum miteinander in selten erlebter Harmonie verbunden.

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