Filmpreis: Stehen die Golden Globes vor dem Aus?

Scarlett Johansson meinte, dass auf den Pressekonferenzen von Hollywoods Verband der Auslandspresse eine sexistische Atmosphäre herrschte
Schwere Vorwürfe gegen Hollywoods Verband der Auslandspresse – und Tom Cruise gab seine Golden Globes zurück

Lange galten die Golden Globes und ihre Preisverleihungen als die lässige Veranstaltung in Hollywood. Während bei der Oscar-Gala die Nominierten Nägel kauend auf die Preisnennungen warteten, konnte man bei den Golden Globes die Nerven mit Champagner beruhigen.

Zudem galten die Globes als wichtige Werbetrommel für die nachfolgenden Oscarpreisverleihungen.

Doch nun steht die Organisation hinter den Golden Globes – die Hollywood Foreign Press Association (HFPA) – schon seit längerem in harscher Kritik. Die Los Angeles Times hatte dubiose Praktiken, die an Bestechung grenzen, enthüllt, mit denen Filmstudios die Stimmen der Auslandskritiker und -kritikerinnen ködern.

Weiters scheint unklar, welche Qualifikationen die knapp hundert Mitglieder überhaupt mitbringen.

Schwarze Menschen fanden sich jedenfalls keine darunter. Die Vorwürfe von Korruption, Diskriminierung und Rassismus ließen sich nicht leicht oder rasch von der Hand weisen.

Zwar gelobte die HFPA Besserung: Man wolle die Gruppe der Wähler und Wählerinnen vergrößern, mehr schwarze Menschen involvieren und Geschenke für Stimmberechtigte unterbinden. Doch diese Ansagen waren vielen zuwenig: So berichtete Scarlett Johansson, sie habe die Pressekonferenzen der HFPA aufgrund ihrer sexistischen Atmosphäre nicht mehr besucht. Sie forderte die Industrie auf, sich von der Golden Globes Organisation zu distanzieren, bevor nicht radikale Änderungspläne vorlägen.

Ihrem Aufruf folgten so prominente Kollegen wie Tom Cruise: Er gab seine drei Golden Globes, die er im Laufe seiner Karriere gewonnen hatte, zurück.

Auch Netflix und Amazon gingen auf Distanz.

Den letzten großen Schlag teilte der Haussender der Golden Globes aus: NBC teilte mit, man werde die Globe-Gala 2022 nicht ausstrahlen. Erst wenn umfassende Reformen durchgeführt worden wären, hoffe man, mit der Preisverleihung 2023 wieder auf Sendung zu gehen. Diese Entscheidung wurde von vielen Prominenten begrüßt.

Auch Oscar unter Druck

Man muss kein langes Gedächtnis haben, um sich daran zu erinnern, dass sich auch die Oscar-Academy erst kürzlich den Vorwurf von Sexismus und Rassismus gefallen lassen musste (und immer noch muss). Sowohl die #OscarSoWhite- wie auch die #MeToo-Bewegung hatte massive Kritik an der Mitgliederzusammensetzung der Academy und ihrem Auswahlverfahren geübt.

Schon möglich, dass nun eine gewisse Schadenfreude innerhalb der US-Industrie gegenüber den als rückständig eingestuften Golden Globes der Foreign Press herrscht. Gleichzeitig muss man sich aber schon fragen, wo die Golden Globes Leute waren, als sich die Oscar-Academy – unter Druck – zu reformieren begann?

Dachte Hollywoods Verband der Auslandspresse, er könnte weiterhin „Weiße unter sich“ spielen? Dachte er, für ihn würden die Rufe nach Gleichberechtigung und Diversität nicht gelten?

Allein diese Unfähigkeit, die Zeichen der Zeit zu lesen, zeigt, wie dringend notwendig eine Generalsanierung dieses Preises wirklich ist.

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