Eine Syrische Moderne

Jeden Tag gibt es Hiobsbotschaften aus Syrien: Der Bürgerkrieg tobt, Menschen hungern und sterben, Kulturgüter werden von den IS-Kämpfern vernichtet. Unter diesen Umständen fällt es einem nicht gerade leicht, an die cineastischen Errungenschaften zu denken, die dieses Land in den 70er- und 80er-Jahren hervorgebracht hat.
Syrische Filmemacher gelten als Bahnbrecher der filmischen Moderne – mit dem bereits 2011 in Damaskus verstorbenen Omar Amiralay, Mohamad Malas und Ossama Mohammed an der Spitze dieser Entwicklung.
Dem teilweise vergessenen und verdrängten Schaffen dieser Regisseure widmet sich ab heute, Mittwoch, das Filmmuseum mit einer Retrospektive. Zusammengestellt wurde sie von Olaf Möller, der nach zahlreichen Recherchen, vielen eMails und einem Nervenzusammenbruch diese Filmreihe realisieren konnte. Aber das sei nichts Außergewöhnliches, so der Kurator im KURIER-Interview.
Mit dem syrischen Film kam der Kölner schon früh in Kontakt. "Ich habe diese Filme als Jugendlicher gesehen und war stets ein großer Bewunderer von Omar Amiralay, der etwa mit "Alltag in einem syrischen Dorf" ein Meisterwerk geschaffen hat. Auch die Beiträge von Mohamad Malas und Ossama Mohammed aus den 80er- und frühen 90er-Jahren hatten damals eine gewisse Präsenz in linken, alternativen Filmabspielstätten", sagt Möller.

Krise
Im Gegensatz zum Spielfilm-orientierten Oeuvre von Malas und Mohammed machte Amiralay ausschließlich Dokumentarfilme. Trotzdem verbindet die drei Regisseure einiges: Sie beschäftigen sich mit dem Thema Krieg, "was auch nicht verwunderlich ist, denn in Syrien herrscht eine fast 150 Jahre andauernde Krise: Fremdmächte, Kriege, und Diktatoren kamen und gingen", sagt Möller.
Die aktuelle Lage in Syrien macht es unmöglich, vor Ort einen Film zu drehen. Malas, der die Proteste gegen Machthaber Baschar al-Assad unterstützt, wurde kürzlich vom syrischen Geheimdienst festgenommen. "Wir hatten mit ihm aber bereits Kontakt – er hat uns bei der Recherche geholfen", sagt Möller und fügt hinzu: "Es mag schon sein, dass es kein syrisches Kino mehr gibt, doch im Schaffen dieser drei Meister offenbart sich ein Syrien, welches ein Kino hätte – das einmal möglich war und von dem die Welt viel zu lernen hätte."
Info: Eine Syrische Moderne – Omar Amiralay, Mohamad Malas, Ossama Mohammed. Von 3. bis 15. Juni im Filmmuseum.
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