Filmkritik zu "Zwischen den Zeilen": Party-Geplauder und Beziehungsgespräch

Juliette Binoche verteidigt das Buch gegenüber den digitalen Medien: „Zwischen den Zeilen“
Regisseur Olivier Assayas zeichnet ein witziges Sittenbild im bürgerlichen Pariser Verlegermilieu.

Schwierig, eine geheime Affäre mit einem Mann zu haben, der alle seine Erlebnisse haargenau aufschreibt und als Roman veröffentlicht. Er nennt das „Autofiktion“. Kleine literarische Änderungen nimmt er vor: So prahlt er mit einem Blowjob im Kino, den er während einer Vorstellung von Michael Hanekes „Das weiße Band“ erhalten haben will. In Wirklichkeit aber lief „Star Wars: The Force Awakens“.

Doch egal. Wer genau liest, kann alle handelnden Personen wieder erkennen. Auch der Verleger, der womöglich unter den beschriebenen Liebschaften Ähnlichkeiten mit seiner eigenen Frau ausmachen konnte.

Ganz sicher lässt sich das aber nicht sagen – und darin liegt auch die Komik in Olivier Assayas’ leichtfüßiger Sittenkomödie, die in einem bürgerlichen Pariser Freundeskreis und dessen lässigen Wohnungen angesiedelt ist und leutselig zwischen Midlife-Crisis und Zeitgeistkritik hin- und her pendelt. Während der gemeinsamen Abendessen, die alle immer mit ihren Tellern auf den Knien einnehmen, wird eifrig die voranschreitende Digitalisierung und der Bedeutungsverlust des analogen Mediums diskutiert. Kindle oder nicht Kindle, das ist die Frage. Juliette Binoche als warmherzige Verlegerinnengattin verteidigt verbissen das gedruckte Buch und weigert sich, zum Tablet zu greifen.

Mit seinen unverkennbaren, gleitenden Kamerabewegungen bringt Assayas Witz und atemloses Tempo in Party-Geplauder und Beziehungsgespräche – als wollte er ein lustvolles Exempel statuieren in französischer Savoir-vivre. seiZwischen den Zeilen. F 2018. 108 Min. Von Olivier Assays. Mit Juliette Binoche, Guillaume Canet.

Zwischen den Zeilen

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