Bereits vor seinem Kinostart war „Sparta“ heftig in die Kritik geraten. Der Vorwurf lautete, dass die Produktion die mitwirkenden Buben beziehungsweise deren Eltern nicht oder nur ungenau über die Pädophilie-Thematik des Films aufgeklärt hätte. Zudem wären die Kinder nicht ausreichend von kompetenten Verantwortlichen betreut worden und hätten sich am Set unwohl gefühlt.
Seidl bestritt die Bezichtigungen vehement; das Österreichische Filminstitut konnte keine Übertretungen der Förderrichtlinien feststellen, schärfte aber seinen „Code of Ethics“ (Ethikkodex) nach.
Befürchtungen, wonach es in „Sparta“ womöglich sexuelle Handlungen mit Kindern zu sehen gäbe, erwiesen sich als haltlos. Seidl fordert zwar sein Publikum schmerzhaft heraus – vor allem in Szenen mit alkoholisierten Vätern und deren brutalen Umgang mit ihren Kindern.
Dem Thema Pädophilie aber nähert er sich reflektiert und absolut unspekulativ.
„Sparta“ ist der zweite Teil eines Diptychons, das gemeinsam mit „Rimini“ die Geschichte zweier unglücklicher Brüder erzählt. Tatsächlich existiert auch eine Schnittfassung, in der beide Hälften miteinander verbunden sind.
Im Vergleich zu „Rimini“ fällt „Sparta“ jedenfalls bei Weitem düsterer und mit seinen ausgebleichten Farben auch visuell eintöniger aus. Angelpunkt ist der alte Vater, berührend gespielt von Hans-Peter Rehberg in seiner letzten Rolle. Die Söhne besuchen ihn und gehen dann ihre getrennten Wege. Ewald – der eindrucksvolle Georg Friedrich – verlässt abrupt seine Freundin und zieht in die verarmte Einöde der rumänischen Provinz. Dort saniert er ein altes Schulgebäude und bietet den vernachlässigten Buben aus den umliegenden Dörfern eine Art Freizeit-Camp an. Gleichzeitig wird ihm auch zunehmend bewusst, dass er sich sexuell zu ihnen hingezogen fühlt.
Behutsam entwirft „Sparta“ das Bild eines einsamen und gequälten Mannes, der im Kampf mit seiner Pädophilie einen Grenzgang zwischen Begehren und Gewissen antritt. Wie dieser Konflikt enden wird, lässt Ulrich Seidl – bedrohlich – offen.
INFO: Ö/D/F 2022. 101 Min. Von Ulrich Seidl. Mit Georg Friedrich, Hans-Michael Rehberg.
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