Kurz vor ihrem Tod im Januar letzten Jahres zeigte sich Lisa Marie Presley schockiert, als sie das Drehbuch von Sofia Coppolas Film „Priscilla“ las. Die Tochter von Elvis Presley hielt das Skript, das auf den Memoiren „Elvis and Me“ ihrer Mutter Priscilla beruhte, für „rachsüchtig“ und „verachtungsvoll“. Priscilla Presley hingegen hat nach Fertigstellung des Films mehrfach betont, wie gelungen sie die Darstellung ihrer Ehe mit dem „King“ fand.
Wer ein glamouröses Denkmal von Elvis Presley sehen möchte, ist bei Baz Luhrmanns hyperaktivem Blockbuster „Elvis“ bestens aufgehoben. Sofia Coppola hat etwas völlig anderes im Sinn.
Als Spezialistin für Teenage-Angst hat sie die schmerzvolle Entwicklung junger Mädchen zur Frau in ihren oberflächenaffinen Filmen – von „The Virgins Suicides“ bis hin zu „Marie Antoinette“ – wiederholt nachgezeichnet. Auch „Priscilla“ beginnt als feinfühliges Porträt eines Coming-of-Age-Prozesses, der sich in melancholischer Zeitlupe zum Melodram verdunkelt.
Es beginnt mit der ersten Begegnung der erst 14-jährigen Priscilla mit dem zehn Jahre älteren Elvis im Nachkriegsdeutschland von 1959. Ein Mann spricht die Teenagerin in einem Lokal für US-Soldaten an und fragt sie, ob sie nicht Lust hätte, auf eine Party von Elvis Presley mit zu kommen. Coppola achtet penibel darauf, keine Andeutungen in Richtung sexueller Missbrauch zu machen – ein Punkt, den Priscilla Presley selbst wiederholt bekräftigte. Trotzdem lassen sich Assoziationen mit „Row Zero“, in der bis heute junge Frauen für Rockstars rekrutiert werden, nicht vermeiden.
Möbelstück
Der australische Schauspieler Jacob Elordi („Euphoria“) sieht Elvis auf den ersten Blick nicht sonderlich ähnlich, trifft jedoch im englischen Original dessen weiche Samtstimme passgenau. Er überragt die kleine Priscilla-Darstellerin Cailee Spaeny um Haupteslängen, was die asymmetrische Machtstruktur und den Altersunterschied zwischen dem verlieben Schulmädchen und der Pop-Ikone fast schon grotesk verstärkt.
Nach den ersten Treffen nimmt Elvis das Mädchen zu sich nach Graceland. Und obwohl er Priscilla bis zur Heirat nicht anrührt, modelliert er sie ganz nach seinem Geschmack zur jungfräulich-kindlichen Braut.
In dämmrigen Bildern lässt Coppola ihre Protagonistin vom Kinderzimmer ins Boudoir von Elvis übersiedeln, wo sie wie ein weiteres Möbelstück zwischen ausgestopftem Tiger und TV-Apparat auf den King wartet. Ihre Liebe ist groß, doch irgendwann ist die Sehnsucht nach dem eigenen Leben größer. Priscilla wird Elvis verlassen – zu Dolly Partons Song „I Will Always Love You ...“.
INFO: USA/I 2023. 113 Min. Von Sofia Coppola. Mit Cailee Spaeny, Jacob Elordi, Ari Cohen.
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