Filmkritik zu "Mein fabelhaftes Verbrechen": Verschwörung der Frauen

Kampf der Geschlechter: Rebecca Mader (li.), Isabelle Huppert und Nadia Tereszkiewicz (re.) in „Mein fabelhaftes Verbrechen“  
François Ozons gewitzte Krimikomödie im 30er-Jahre-Stil

François Ozon ist einer der produktivsten Regisseure Frankreichs und liefert pro Jahr einen Film. Zuletzt verneigte er sich mit seiner Hommage „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ vor Rainer Werner Fassbinder, nun vertieft er sich in das beliebte Genre der Screwball-Komödie aus den 30er-Jahren. Er greift dazu auf ein Boulevard-Theaterstück zurück, das bereits 1937 mit Carole Lombard unter dem Titel „Ein Mordsschwindel“ verfilmt wurde, und verpasst ihm ein Update in Richtung #MeToo-Debatte.

 

Und das geht so: Madeleine Verdier ist eine arbeitslose Schauspielerin. Gemeinsam mit ihrer Freundin Pauline – einer unterbeschäftigten Anwältin – wohnt sie in einer Pariser Mansarde. Sie setzt alle Hoffnung auf einen Casting-Termin bei einem berühmten Theaterproduzenten, der jedoch über sie herfällt. Fluchtartig verlässt sie dessen Villa. Kurze Zeit später wird der Mann tot aufgefunden – und Madeleine steht unter Mordverdacht.

Wie auch schon bei „8 Frauen“ und „Das Schmuckstück“ geht es Ozon um die Selbstermächtigung der Frau. Anfangs allzu gemächlich, nimmt der abschließende Teil der Trilogie an dieser Stelle Fahrt auf. Nachdem ihr ohnehin kein Glauben geschenkt wird, gesteht Madeleine die Mordtat als Notwehr gegen sexuelle Gewalt und engagiert Pauline als ihre Anwältin. Vor Gericht inszenieren die beiden einen grandiosen Geschlechterkampf, der von den Medien lüstern aufgegriffen wird.

Medien und #MeToo

Effektvoll klagen sie die übergriffige Männerwelt an und plädieren für die Rechte der leidenden Frauen. Der Fall wird gewonnen, Madeleine geht frei.

Wenn sie das gewusst hätte, knurrt die Hausmeisterin der Mansarde, hätte sie ihren Mann schon vor vierzig Jahren umgebracht.

Lange können Madeleine und Pauline allerdings ihren neuen Ruhm nicht genießen. Unversehens taucht eine aufgetakelte Schauspielerin in Form von Isabelle Huppert auf und behauptet, dass sie die eigentliche Mörderin ist.

Huppert als schrille Ex-Stummfilm-Diva à la Gloria Swanson in „Sunset Boulevard“ ist ein Spektakel für sich. Genüsslich inszeniert Ozon seine Krimikomödie in praller Künstlichkeit zwischen theatralem Boulevardstück, schwarz-weißem Stummfilmdrama und Screwball-Pointenfeuer. So historisch der Rahmen, so aktuell der Anlassfall des sexuellen Übergriffs und des medial inszenierten Skandals. Die Frauen sind pfiffig, die Männer meist dämlich. Einen Seitenhieb auf die #MeToo-Debatte kann sich Ozon aber nicht verkneifen: Auch die Unschuldigen lügen, was das Zeug hält – und schlagen daraus Profit.

INFO: F 2023. 102 Min. Von François Ozon. Mit Isabelle Huppert.

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