Schon einmal hat Bradley Cooper mit „A Star is Born“ als Regisseur eine Musiker-Biografie in Angriff genommen. Doch „Maestro“ ist alles andere als ein Stationendrama von Aufstieg (und Fall) eines begnadeten Komponisten: Cooper setzt auf gezielte Auslassung.
Kein Wort über Entstehung und Erfolg von Bernsteins Musical-Hit „West Side Story“ oder dessen Rolle in der weltweiten Mahler-Renaissance. Cooper interessiert sich weder für bekannte Karriereschritte – die man in der Fachliteratur nachlesen kann – , noch fühlt er sich zu Erklärungen hinsichtlich der Bedeutung anderer Komponisten – etwa Bernsteins engem Freund Aaron Copland – verpflichtet. Vielmehr geht es ihm um das Nachspüren eines inneren Gefühlszustands und dessen äußerlicher Inszenierung.
Im Herzen von „Maestro“ schlägt die strapaziöse Liebesgeschichte zwischen Leonard Bernstein und seiner an Kummer gewöhnten Ehefrau Felicia Montealegre, kongenial angespannt gespielt von der britischen Star-Schauspielerin Carey Mulligan.
Bereits deren ersten Kuss inszeniert Cooper wie die Szene aus einem Bühnenmusical, allerdings im engen Format damals gängiger Fernsehbilder und in Schwarz-weiß. Erst später, wenn sich die Welt immer mehr öffnet, weitet sich auch das Bild und nimmt Farbe an.
Bisexualität
Der Wechsel zwischen Filmformaten und Kolorit markiert nicht nur unterschiedliche Dekaden, die sich schlaglichtartig auftun. Sie betonen inmitten aller authentischer Nachempfindungen auch deren durchwegs performativen Charakter.
Felicia, die für Bernstein ihre Karriere als Schauspielerin aufgibt und Mutter dreier Kinder wird, gerät sehr bald in den Schatten seines Ruhms. Bernsteins nervöse Präsenz, gepaart mit unglaublichem Charisma, ist raumfüllend und drängt sie zunehmend an die Wand. Verletzend für sie auch Bernsteins Bisexualität, die dieser in zahlreichen Affären mit jungen Männern auslebt.
Zwar weiß Felicia um die Vorlieben ihres Mannes und duldet sie stillschweigend. Was sie aber nicht duldet, ist ein Riss in der familiären Fassade: Mit schneidender Stimme – eine Spezialität von Mulligan – zwingt sie ihn dazu, sein Doppelleben vor den Kindern geheim zu halten. Bernstein sieht seiner Tochter ins Auge, während er seine Homosexualität leugnet.
Es sind genau jene Stellen der Reibung, an denen die Ehe zwischen Leonard und Felicia zu zerbrechen droht, in der sich auch die intensivsten Momente entzünden. Obwohl alles andere als märchenhaft, dauert die Liebe zwischen Leonard und Felicia, bis der Tod sie scheidet.
Bradley Cooper als Leonard Bernstein feiert einen Triumph, aber das letzte Bild von „Maestro“ schenkt er Carey Mulligan.
UNFO: USA 2023. 121 Min. Von und mit Bradley Cooper. Mit Carey Mulligan, Matt Bomer.
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