Filmkritik zu "Europa": Top-Managerin auf Landnahme in Albanien
Lilith Stangenberg als Vertreterin eines Konzerns namens „Europa“
Eine blonde Frau hält auf der Universität in Albanien einen inspirierten Vortrag. Sie wendet sich dabei vor allem an die weiblichen Studierenden und schwärmt von der „Empowerment of young women“: „Ihr seid die Zukunft Europas.“
Was zuerst nach dem Appell einer Entwicklungshelferin klingt, die sich für eine NGO engagiert, erweist sich zunehmend als falsche Fährte.
Die blonde Frau heißt Beate Winter, ist genauso unterkühlt wie ihr Name und arbeitet für einen obskuren multinationalen Konzern namens Europa. Tatsächlich geht es Beate Winter darum, über die Töchter an deren Väter heranzukommen, die als Bergbauern in einem albanischen Tal leben. Als sich ein besonders religiöser und traditionsbewusster Bauer trotz profitabler Angebote und guten Zuredens weigert, seine Pfründe aufzugeben, spitzt sich die Situation zu.
Üblicherweise arbeitet Regisseurin Sudabeh Mortezai („Joy“) mit nicht professionellen Darstellern. Umso stärker kommt der Kontrast zur Wirkung, der sich in dem dokumentarisch anmutenden Spielfilm zwischen der deutschen Schauspielerin Lilith Stangenberg als Beate Winter und den albanischen Laien ergibt. Stangenbergs artifizieller Spielstil, gepaart mit ihrem eisern kontrollierten Habitus als Top-Managerin, vertieft den Widerspruch zur gastfreundlichen Landbevölkerung und macht die Ungleichheit zwischen den beiden Partien innerhalb Europas umso augenfälliger.
INFO: Ö 2023. 98 Min. Von Sudabeh Mortezai. Mit Lilith Stangenberg, Jetnor Gorezi.
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