Filmkritik zu "Der Schatten von Caravaggio": Sinnlicher Skandalkünstler

Filmkritik zu "Der Schatten von Caravaggio": Sinnlicher Skandalkünstler
Die letzten Lebensjahre von Caravaggio erzählt Michele Placido aus der Perspektive eines Inquisitors

Der Maler Michelangelo Merisi, der sich nach dem Herkunftsort seiner Eltern Caravaggio nannte, gilt um 1600 als Skandalkünstler. In seinen Gemälden stehen Bettler und Prostituierte für die Jungfrau Maria und den heiligen Petrus Modell. Der italienische Adel ist fasziniert, der Vatikan empört. Zudem führt Caravaggio ein legendär ausschweifendes Leben und tötet im Streit einen Kontrahenten.

1606 wird er aus Rom verbannt. Ein Mann der Inquisition, genannt „der Schatten“, soll entscheiden, ob der umstrittene Maler eine Begnadigung des Papstes verdient oder nicht.

Mit unbewegter Miene beginnt „der Schatten“ – übrigens eine fiktive Figur, verkniffen gespielt von Louis Garrel – Freunde, Bekannte und Weggefährten des Malers nach dessen Lebensweise zu befragen – und manchmal auch zu foltern. In langen Rückblenden erscheint Caravaggio als eine Art Pasolini-Figur, die zwischen Ausschweifung und Spiritualität das Heilige im Irdischen findet und das Sakrale im Alltäglichen.

Regisseur Michele Placido – manchen noch als Polizeichef in „Allein gegen die Mafia“ in Erinnerung – ringt um ein ungewöhnliches Künstlerporträt in machtvollen Bildern, kann sich aber dem konventionellen Erzählen zwischen Palastintrige und Schwertduell nur schwer entziehen. Riccardo Scamarcio als Caravaggio überzeugt als fleischlicher, ausschweifender Christ, der sich „nicht von Tizian, sondern von der Straße“ inspirieren lässt.

INFO: I 2022. 120 Min. Von Michele Placido. Mit Riccardo Scamarcio, Isabelle Huppert.

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