Die Krise der (europäischen) Landwirtschaft und die Notlage des Bauernstandes findet immer wieder ihren Weg ins Kino. Der bestens informierte Blick der spanischen Filmemacherin Carla Simón erwies sich jedoch als besonders luzide und machte die Regisseurin zur Siegerin der heurigen Berlinale.
Carla Simón stammt selbst aus einer Landwirtsfamilie. Ihre Onkel und Tanten bewirtschaften in Alcarràs die Pfirsichplantagen des verstorbenen Großvaters und inspirierten sie zu ihrem zweiten Spielfilm.
Treffsicher engagierte sie nicht-professionelle Schauspieler und Schauspielerinnen aus der bäuerlichen Umgebung. Ein pensionierter Bauer übernahm die Rolle des ausgebooteten Großvaters Rogelio, ein anderer spielt seinen kämpferischen Sohn Quimet. Auch die Tanten, Onkel und Enkel wurden regional besetzt und von Simón zu einem temperamentvollen, innigen Familien-Clan zusammengeschmiedet.
Mit luftiger Kamera folgt die Regisseurin den Alten und den Jungen, den Teenagern und den Kindern durch die sonnendurchflutete Landschaft. Hartnäckig ernten die Solés ihre Pfirsiche, als gäbe es ein Morgen. Besonders Quimet kann sich mit dem Gedanken nicht abfinden, dass seine schönen Bäume durch Solarpaneele ersetzt werden sollen.
Ein Teil der Familie setzt beharrlich auf Tradition, der andere sucht Anschluss an die Veränderungen. Der Streit droht die Verwandtschaft zu spalten. Darunter leiden besonders die Kinder: Gerade noch haben sie gemeinsam hingebungsvoll in einem alten Autowrack Verfolgungsjagd gespielt und sich vorgestellt, von Aliens attackiert zu werden. Tatsächlich aber bohrt ein Bagger seine Schaufel in den Boden und verändert ihre Welt. Trotz der existenziellen Bedrohung wird diese aber im Innersten zusammengehalten – durch die starken Bande der Familie.
INFO: ESP/I 2022. 120 Min. Von Carla Simón. Mit Josep Abad, Jordi Pujol Dolcet.
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