Filmkritik zu "Wunderschöner": Wann ist endlich Schluss mit MeToo?

Karoline Herfurth (re.) zieht nach der Trennung ins Hausboot  ihrer Freundin Nora Tschirner ein: "Wunderschöner"
Karoline Herfurth schließt erfolgreich an ihren Komödienhit "Wunderschön" an und erzählt leichtfüßig aus dem chaotischen Leben von fünf Frauen

Karoline Herfurth ist nicht nur erfolgreiche Schauspielerin, sondern auch versierte Regisseurin. Ihre Komödie „Wunderschön“, eine humorvolle Auseinandersetzung mit weiblicher Selbstbestimmung im Angesicht gesellschaftskonformer Schönheitsideale, wurde zum Hit. Knapp 1, 7 Millionen Menschen sahen den Film, der 2022 Platz eins der deutschen Kinocharts besetzte.

Nun ließ sich Herfurth zu einer Fortsetzung überreden. Die Sorge, es könnte sich – wie so oft bei Sequels – bei „Wunderschöner“ um einen lauen Neuaufguss eines erprobten Komödienrezepts handeln, erwies sich als unbegründet.

In ihrer fünften Regiearbeit behält Herfurth ihren lockeren Erzählton bei, überschreitet die Grenzen der Wohlfühlzone aber auch mit schweren Themen wie Prostitution und Vergewaltigung. Wieder verbindet sie die Erlebniswelt von fünf Frauen unterschiedlicher Generationen zu einem Kaleidoskop tragisch-heiterer Episoden.

Herfurth selbst hat erneut die Rolle von Sonja, Mutter zweier kleiner Kinder übernommen und sich von ihrem Mann Milan (gespielt vom netten Friedrich Mücke) getrennt. Die Kinder bleiben in der gemeinsamen Wohnung, die Eltern pendeln – in Sonjas Fall zur besten Freundin, der feministisch engagierten Lehrerin Vicky (immer famos: Nora Tschirner).

In der Zwischenzeit beginnt Milans Schwester Julie (Emilia Schüle) als Produktionsleiterin in einem TV-Studio zu arbeiten. Dort wird sie mit einer Form von Sexismus konfrontiert, die sie schnell als zickige Spielverderberin dastehen lässt. Denn, wie ihre Old-School-Chefin, eine Star-Moderatorin mittleren Alters, empört feststellt: „Jetzt muss endlich mal wieder Schluss sein mit diesem #MeToo!“

Jung und sexy

Auch die Teenager-Schülerinnen von Lehrerin Vicky sind der Meinung, dass sie als junge, sexy Frauen alle Freiheiten genießen und den ewigen Geschlechterkampf aufgeben können – bis sie sich selbst eines Besseren belehren.

So weit das bereits bewährte Frauenensemble aus der Komödie erster Teil. Im zweiten Teil gesellt sich nun das Schicksal von Nadine, einer 50-plus-jährigen High-Society-Lady hinzu. Nadine wird zugetragen, dass der liebe Ehemann Kunde einer Prostituierten ist. Schockiert sucht sie die junge Rumänin auf und begegnet einer Frau, die – obwohl sie „freiwillig“ als Sexworkerin arbeitet – Opfer eines immanent frauenfeindlichen Systems ist.

Filmkritik zu "Wunderschöner": Wann ist endlich Schluss mit MeToo?

Beziehung beim Therapeuten auf der Couch: Karoline Herfurth und Friedrich Mücke in "Wunderschöner"

An dieser Stelle macht Karoline Herfurth aus ihrer Meinung zu Prostitution keinen Hehl und schreckt auch nicht davor zurück, Freier als potenzielle Vergewaltiger anzuprangern. Die unterschiedlichen Standpunkte zu dieser Frage schlagen in „Wunderschöner“ hohe Wellen und treiben die Handlung plakativ ins Melodram.

Aber gerade das Plakative macht auch die Stärke von „Wunderschöner“ aus: Herfurth buchstabiert „typisch“ weibliche Lebenssituationen leicht wiedererkennbar durch und versetzt ihnen gekonnt einen feministischen Dreh. Dadurch entwickeln die Ereignisse trotz ihrer Absehbarkeit emotionale Schwerkraft, egal ob im komischen oder im dramatischen Fach. Als Regisseurin hat sie ein Händchen für effektvollen Mainstream und versteht es, gemeinsam mit ihrem exzellenten Ensemble, ihr Publikum leichtfüßig zu unterhalten: Lachen und Weinen im Popcorn-Kino.

INFO: D 2025. 132 Min. Von und mit Karoline Herfurth. Mit Nora Tschirner, Emilie Schüle.

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