Filmkritik: Turbulentes Drama über eine italienische Familie

Tochter wäre lieber ein Bub: Luana Giuliani und Penélope Cruz
Von Gabriele Flossmann
In seinem bisher persönlichsten Film zeichnet der italienische Regisseur und Drehbuchautor Emanuele Crialese („Lampedusa“) das ergreifende Porträt einer Frau. Angelehnt an seine eigene Kindheit, lässt er Penélope Cruz in ihrer Paraderolle als liebende Mutter am Rande des Nervenzusammenbruchs glänzen. Eine poetische Liebeserklärung an alle, die sich danach sehnen, aus der Konformität auszubrechen.
In seinem Drama beschreibt Crialese den langsamen Zerfall einer Familie. Im Mittelpunkt die Mutter, die versucht, ihren drei Kindern trotzdem eine glückliche Kindheit zu bescheren. Obwohl ihre Ehe längst zerrüttet ist. Dabei wird sie selbst zerrissen zwischen ihrem Pflichtgefühl und dem Drang, die ehelichen Fesseln abzustreifen. In kräftigen Farben erstrahlt die moderne römische Wohnung, in die sie vor Kurzem erst als Teil ihrer fünfköpfigen Familie eingezogen ist.
Doch Lebensfreude breitet sich nicht aus. Die Entfremdung zwischen den Eltern wird beim Abendessen spürbar. Erzählt wird die Geschichte aus der Perspektive der zwölfjährigen Tochter Adriana, die lieber ein Bub wäre. Quasi durch ihre Augen blickt die Kamera auf die von Penélope Cruz gespielte Mittvierzigerin. Hautnah ist sie an ihr dran, bietet Detailaufnahmen der Augenpartie und der Wimpern und stellt damit auch ein Nahverhältnis zwischen Tochter und Mutter her. Daraus ergibt sich ein Familienbild – überstrahlt vom Temperament und der Präsenz von Penélope Cruz.
L’Immensita – Meine fantastische Mutter. F, I 2022. 97 Min. Von Emanuele Crianese. Mit Penelope Cruz, Maria Chiara Goretti
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