Filmkritik zu "Tandem - In welcher Sprache träumst du?": Zwischen Party-Rausch und Klima-Demo
Austauschschülerinnen: Lilith Grasmug (li.) und Josefa Heinsius.
Wovor hat die Generation „Fridays for Future“ Angst?
In den Worten der 17-jährigen deutschen Schülerin Lena: Vor der Zukunft, den Faschisten, Putin, Krieg, Klimawandel und vor allem davor, „alt und noch feiger zu werden“. Ihre Freundin Fanny, eine Austauschschülerin aus Frankreich, sieht das etwas lockerer: Sie fürchtet sich vor allem davor, keinen Freund zu finden.
In dem Spannungsfeld zwischen persönlichem Liebesglück und politischem Engagement stellt Regisseurin Claire Burger zwei junge Frauen vor die Zerreißprobe eines schwierigen Coming-of-Age-Prozesses. Lena lebt mit ihrer instabilen Mutter, gespielt von Nina Hoss mit gefülltem Weißweinglas in der Hand, in Leipzig. Dort begannen einst die „Montagsdemonstrationen“ gegen das DDR-Regime, dort aber erfreuen sich auch die Rechten starken Zuspruchs.
Fanny wiederum wohnt in Strasbourg, dem Sitz des Europaparlaments und Schauplatz von Protesten. Die beiden Mädchen besuchen sich gegenseitig im Zuge eines Schulaustauschs und testen ihre deutsch-französische Freundschaft zwischen Party-Rausch und Klima-Demo. Während Lena vor allem mit ihren politischen Überzeugungen aneckt, baut sich Fanny aus allen möglichen Identitätsangeboten eine fiktive Biografie. Hinzu kommt ein queeres Erwachen zwischen den beiden jungen Frauen.
Alles ein bisschen viel, sollte man meinen. Claire Burger jedoch verteilt ihre Mehrfach-Anliegen in lichten Bildern auf ein exzellentes Schauspiel-Ensemble, das mit seiner glasklarer Präzision alle Schattierungen ihrer komplexen Lebenssituationen ausleuchten.
INFO: F/D/BEL 2024. 101 Min. Von Claire Burger. Mit Lilith Grasmug, Josefa Heinsius.
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