Filmkritik zu "One to One: John & Yoko": Polit-Aktivismus auf der Bühne und im Bett

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Tolle Pop-Doku über John Lennon und Yoko Ono, die 1971 nach new York zogen, politisch aktiv wurden und viel fernsahen

John Lennon liebt Fernsehen. „Es hat das Kaminfeuer ersetzt“, sagt er mit Blick auf die Mattscheibe, die er prominent vor dem Doppelbett aufgestellt hat. Denn John Lennon und Yoko Ono sind keine „Couch Potatoes“, wie ein amerikanischer Kritiker treffend bemerkte, sondern „Bett Potatoes“.

Im Sommer 1971 haben der Ex-Beatle und die Avantgarde-Künstlerin das britische Anwesen Lennons gegen eine Zwei-Zimmer-Wohnung im New Yorker West Village getauscht. Wie es dort genau aussah, hat der schottische Filmemacher und Oscarpreisträger Kevin Macdonald („Ein Tag im September“) in seiner exzellenten Doku „One to One: John & Yoko“ akribisch nachgestellt: Der TV-Apparat führt eindeutig den Vorsitz.

„Channelsurfing“ erweist sich auch als das organisierende Prinzip von Macdonalds Rekonstruktion der frühen Siebzigerjahre in New York, in der sich Pop- und Gegenkultur eng aneinanderschmiegten. Schnipsel von TV-Ausschnitten – von Polit-Shows mit Richard Nixon bis zu „Die Waltons“ – mischt er mit Anti-Vietnam-Demos und Konzertauftritten von John und Yoko – darunter auch die zutiefst berührende Performance von Lennons Songs „Mother“. Zu seinen raren Bildaufnahmen hat Macdonald die Tonspuren von bislang unveröffentlichten Telefongesprächen montiert: Die Telefonate sind umwerfend, etwa, wenn Lennon einer ahnungslosen Gesprächspartnerin seinen Nachnamen buchstabiert oder wenn ein Assistent von Yoko Ono lange darüber sinniert, wie und wo er die gewünschten Fliegen für eine Performance auftreiben kann. Ein Must-See-Porträt über John, Yoko – und die Stadt New York.

INFO: GB 2024. 101 Min. Von Kevin Macdonald. Mit John Lennon, Yoko Ono.

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