Filmkritik zu "Loveable":Bereite dich darauf vor, verlassen zu werden

Ein Mann vergräbt sein Gesicht in den Hals einer lächelnden Frau.
Packendes Filmdebüt um eine junge Frau in Oslo, die vor der Scheidung steht.

Im verflixten siebenten Jahr geraten Ehen in die Krise. Auch Maria steht vor den Trümmern ihrer Beziehung. Nach einem rauschhaften Liebesbeginn haben sich die Gefühle des einst so glücklichen Paares abgenützt. Maria sitzt mit vier Kindern und ohne fixen Beruf zu Hause, während ihr Mann Sigmund beruflich unterwegs ist und ihr den anstrengenden Alltag meist allein überlässt. Frustriert rastet Maria immer öfter aus und überhäuft Sigmund mit Vorwürfen. Eines Tages konfrontiert er sie mit der Ansage, dass er über eine Scheidung nachdenkt.

In ihrem bewegenden Debütfilm „Loveable“ kümmert sich Lilja Ingolfsdottir wenig um jene Frage, die Beziehungsdramen üblicherweise vor sich hertreibt: „Werden sie am Ende zusammenkommen?“ Vielmehr interessiert sie sich für wiederkehrende Verhaltensmuster, die Beziehungen wiederholt zum Scheitern bringen.

Bei der Paartherapeutin sagt Sigmund zu seiner Frau: „Bereite dich darauf vor, dass ich diese Beziehung verlasse.“ Maria ist völlig vernichtet. Verzweifelt irrt sie durch Oslo und schläft in der Wohnung einer verreisten Freundin. Die drohende Scheidung durchlöchert ihr Selbstbewusstsein – so lange, bis die Paartherapeutin beginnt, Maria die richtigen Fragen zu stellen.

Die Panik, verlassen zu werden, verwandelt sich nach und nach in die Fähigkeit, das eigene Verhalten zu befragen; nicht mehr der drohende Liebesverlust definiert ihr Handeln, sondern eine zunehmende Übereinkunft mit sich selbst. Helga Guren ist hinreißend in ihrer Rolle als zerbrechliche Maria; zartfühlend wird sie von einer agilen Kamera bei ihren tastenden Schritten in eine neue Unabhängigkeit umspielt. 

INFO: NOR 2024. 103 Min. Von Lilja Ingolfsdottir; mit Helga Guren, Oddgeir Thune.

Kommentare