Filmkritik zu "Beating Hearts": Herzschmerz im Sonnenuntergang

Amour fou: Adèle Exarchopoulos und  François Civil, schwer verliebt in „Beating Hearts“  
Ausuferndes Melodram über eine große Liebe, die in aller Berechenbarkeit Klassenschranken überwindet

Es beginnt wie ein knallharter Drogenthriller – mit pulsierenden Beats, quietschenden Reifen und Schüssen. Dann bricht der Fahrer des Autos über seinem Lenkrad zusammen und es beginnt eine (sehr, sehr) lange Rückblende zurück zum Angang einer (sehr, sehr) langen Liebesgeschichte.

Kleinbürgerliches Mädchen liebt bösen Buben aus der nordfranzösischen Unterschicht. Wie eine große Liebe trennende Klassenunterschiede überwindet, hat man im Kino bereits tausendmal gesehen. Das weiß auch Regisseur Gilles Lellouche: In seiner dritten Spielfilm-Regiearbeit lässt der französische Schauspiel-Star gleich im Vorspann ein Herz schlagen – ganz im Sinne des englischen Filmtitels: „Beating Hearts“ versteht sich als Supermelodram, das seine wenig originelle Geschichte zwar in Standardsituationen, dafür aber ohne Berührungsangst vor Kitsch und Klischee im Großformat erzählt. Kleine Musical-Einlagen passen da ebenso dazu wie wiederholte Zeitlupenaufnahmen, die wie Rufzeichen um Aufmerksamkeit heischen.

Lellouche haut auf die Gefühlspauke seines barocken Unterhaltungskinos und taucht alles in die fetten Farben der Achtzigerjahre, vor deren Hintergrund sich seine Amour fou vollzieht.

Falcos „Kommissar“

Jacqueline, bald genannt „Jackie“, kommt aus ordentlichen Verhältnissen und besucht regelmäßig die Schule. Ganz im Gegensatz zu einer Gruppe von Straßenbuben, die sich pfeifend vor dem Schultor postiert und die braven Schüler und Schülerinnen mit blöden Bemerkungen übergießt. Als ihr Anführer Clotaire auch bei Jacqueline frech wird, gerät er an die Falsche: Kühn redet sie zurück – und bald tritt das ein, was man landläufig „Liebe auf den ersten Blick“ nennt. Bis zum ersten Kuss dauert es allerdings eine ganze Weile, und Clotaire muss erst seinen Kaugummi aus dem Mund nehmen. Doch trotz sozialer Unterschiede sind die beiden glücklich. Sie geht in die Schule, im Radio läuft „Der Kommissar“ von Falco und das Band ihrer Liebe hält – so lange, bis er sich mit Mafiosi einlässt und im Gefängnis landet.

Filmkritik zu "Beating Hearts": Herzschmerz im Sonnenuntergang

Unverbrüchliche Liebe: Adèle Exarchopoulos und François Civil in "Beating Hearts"

Zu diesem Zeitpunkt ist gefühlt ein ganzer Film vergangen, doch leider ist erst Halbzeit: Lellouche legt quasi mit einem zweiten Film nach, als Clotaire Jahre später aus dem Gefängnis zurückkehrt, und das Paar von einem Set älterer Schauspieler übernommen wird.

Die beiden Schauspielstars Adèle Exarchopoulos und François Civil verkörpern nun die Liebenden, deren Leben längst in getrennten Bahnen verläuft. Explosive Schnitte kontrastieren unterschiedliche Milieus: Jackie fadisiert sich in ihrem Bobo-Leben, während Clotaire in Gangster-Rachefantasien schwelgt. Doch das Band der Liebe, es lässt sich nicht zerschneiden – schon gar nicht, wenn die Sonne nicht nur romantisch untergeht, sondern gleich in einer Sonnenfinsternis gipfelt.

INFO: F/BEL 2024. 166 Min. Von Gilles Lellouche. Mit Adèle Exarchopoulos, François Civil. 

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