Filmkritik zu "Animal": „Yes Sir, I Can Boogie“ jeden Abend im Hotel-Ressort

Eintänzerinnen im Techno-Club: Flomaria Papadaki und Dimitra Vlagkopoulou (re.) in "Animal"    
Ein nüchterner Blick hinter die Urlaubskulisse auf Animateure und ihre Arbeit als Unterhalter. Mit Voodoo Jürgens als One-Night-Stand

Touristen bei guter Laune zu halten, ist hartes Showbusiness. Wie schwierig es sein kann, Urlaubsstimmung zu verkaufen, erzählten zuletzt Kreuzfahrtschocker wie „Triangle of Sadness“ oder die Holiday-Satireserie „White Lotus“. Aber man muss gar nicht erst nach Hawaii fliegen, um das Personal hinter den Kulissen eines Luxus-Ressorts zu studieren.

Es reicht auch ein einfaches All-Inklusive-Hotel auf einer griechischen Insel. Die Gäste, die dort absteigen, stammen aus der Mittelschicht und sind oft im Pensionistenalter. Beim Cocktail genießen sie die Tanzeinlagen der hoteleigenen Shows.

Aber es sind nicht die Urlauber und ihre Allüren, für die sich Regisseurin Sofia Exarchou in dieser fast dokumentarisch beobachteten, eindringlichen griechisch-österreichischen Koproduktion interessiert. Ihre Aufmerksamkeit gilt den Saisonarbeitern, die als Animateure und Animateurinnen in der Hochsaison ihre Leistungen im Entertainment-Fach abliefern.

Die Gruppe aus jungen Männern und Frauen aus ganz Europa hat etwas von einem fahrenden Zirkus: Sie bietet Choreografien in exotischen Gewändern, erotische Tanzeinlagen, Breakdance-Gigs und Karaoke-Performances.

Filmkritik zu "Animal": „Yes Sir, I Can Boogie“ jeden Abend im Hotel-Ressort

Tolle Hauptdarstellerin Dimitra Vlagopoulou als Kalia in "Animal"

Das Herz der Show ist Kalia, die Veteranin der Truppe: Zu ihren Highlights zählt die Tanz- und Gesangseinlage von Baccaras „Yes, Sir, I Can Boogie“. Verführerisch fegt sie über die Bühne. Wodka-Shots zwischendurch halten den Energie-Level hoch.

Voodoo Jürgens

Behutsam folgt Sofia Exarchou mit der Handkamera Kalia, furios verkörpert von ihrer herausragenden Hauptdarstellerin Dimitra Vlagopoulou, durch ihren zunehmend tristen, nächtlichen Arbeitsrealismus. Die jahrelangen Routinen fordern ihren Zoll, der Körper schmerzt. Auch Bühnenauftritt und Privatleben verschwimmen und saugen einander auf. Die Freundschaft zu einer Newcomerin, der 17-jährigen Eva, wabert an der Oberfläche entlang, ein One-Night-Stand mit einem österreichischen Touristen (hinreißend: Voodoo Jürgens) misslingt. Was als cooler Job inmitten jugendlicher Spaßkultur begann, wird immer mehr zur „animalischen“ Knochenarbeit. Sofia Karchous Blick hinter die Urlaubskulissen ist nicht moralisierend, aber ernüchternd: „Lächeln nicht vergessen!“

INFO: GRC/Ö/BGR/CYP/ROU 2023. 114 Min. Von Sofia Exarchou. Mit Dimitra Vlagopoulou, Flomaria Papadaki.

Kommentare