Filmkritik zu "28 Years Later": Tod den Teletubbies

Zuerst Zombies jagen, dann vor ihnen flüchten: Aaron Taylor-Johnson (li.) mit Alfie Williams auf Vater-Sohn-Ausflug.
Es sind noch keine 28 Jahre vergangen, seit Cillian Murphy – mittlerweile Oscarpreisträger für „Oppenheimer“ – aus dem Koma erwachte und London leer vorfand. Ein Wut-Virus war ausgebrochen und hatte die Infizierten in raubtierhafte Zombie-Bestien verwandelt: „28 Days Later“, geschrieben von Alex Garland, mutierte unter der Regie von Danny Boyle („Trainspotting“) umgehend zum Publikumshit, der zu den einspielträchtigsten Horrorfilmen des Jahres 2002 zählte. Mit „28 Weeks Later“ folgte fünf Jahre später eine Fortsetzung mit anderem Regisseur. Nun aber hat sich das Erfolgsteam Danny Boyle und Alex Garland („Civil War“) erneut fusioniert, mit „28 Years Later“ den bisher besten Horror der Reihe geliefert und den blutigen Meilenstein zu einer neuen Trilogie gelegt.
Jagd auf Infizierte
Im Fernsehen laufen die „Teletubbies“. Kleine Kinder sitzen gebannt davor, als plötzlich gellende Schreie durch die Zimmertür dringen. Nach kurzem Handgemenge springt die Tür auf – und schon spritzt das Blut über die Mattscheibe.
28 Jahre nach Ausbruch der Seuche haben sich ein paar nicht infizierte Menschen auf eine schottische Insel zurückgezogen und leben dort in vorindustrieller Gemeinschaft. Zur heiterer Brit-Pop-Musik gehen die Leute ihrem Handwerk nach, sparen Ressourcen („Nicht zu lange duschen!“) und pflegen ihre Rituale. Dazu gehört, dass ein Vater mit seinem zwölfjährigen Sohn Spike die Insel verlässt und auf dem Festland auf Infizierten-Jagd geht. Besonders beliebt: die „Slow-lows“, raupenartige Menschenmutationen; sie werden grinsend als „Fettsäcke“ geschlachtet. Dann gibt es Horden von nackten Untote, die wie die verrückt gewordenen Mitglieder einer Hippie-Sekte johlend über ihre Opfer herfallen. Aber keiner kann es mit Alpha aufnehmen, einer Zombie-Mutation mit biblischen Kräften.

Jodie Comer als kranke Mutter in "28 Years Later"
Danny Boyle filmt Verfolgungsjagden mit den ruckartigen Bewegungen der Untoten und spart auch nicht mit ungustiösen Blut- und Beuschelreißerbildern. Doch selbst im längst angefaulten Zombie-Genre schlägt Boyle überraschende Volten. Unvermutet wechselt er die Stimmungen und legt mitten durch den Tanz der Teufel die zärtlichen Spuren eines gefühlvollen Melodrams.

Ralph Fiennes erinnert an die Opfer der Zombie-Seuche: "28 Years Later"
Im permanenten Ausnahmezustand entwickeln sich unterschiedliche Kulturen der Gewalt, die von Militäreinsätzen bis hin zu sadistischen Schlägertrupps reichen. „Bedenke, dass wir sterben müssen“, sagt Ralph Fiennes in einem bemerkenswerten Kurzauftritt, der einen weiteren Höhe- und Wendepunkt in der postapokalyptischen Welt der Wut-Zombies darstellt. Er ist es auch, der die Tür zum Zynismus zuschlägt und den jungen Spike das Trauern lehrt: „Bedenke, du musst lieben.“
INFO: GB/USA 2025. 115 Min. Von Danny Boyle. Mit Aaron Taylor-Johnson, Jodie Comer.
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