Film "Pfau - Bin ich echt?": Jeden Tag jemand anderer

Film "Pfau - Bin ich echt?": Jeden Tag jemand anderer
Berufliche Rollenspiele und eine entfremdete Beziehung: "Pfau – Bin ich echt?" ist das witzige Langfilmdebüt des Salzburgers Bernhard Wenger.

Ohne Briefing geht nichts: Da wird genau abgecheckt, wie Matthias sprechen soll. Viel oder wenig, gespreizt oder jovial. Und die Kleidung, wie er auftritt, ist natürlich auch essenziell. Matthias ist als Mitarbeiter einer erfolgreichen Rent-a-friend-Agentur ein Meister der Camouflage. Mühelos schlüpft er in jede von den Klienten gewünschte Rolle: den liebenden Sohn, den Trauernden, den Piloten, der nicht nur Schulkinder beeindruckt, oder den Gesprächscoach für eine in ihrer Partnerschaft unterdrückte Frau. Chamäleonartig, stets perfekt vorbereitet und adrett, spult der Enddreißiger seine gut bezahlten Rollenspiele ab. Alles wunderbar – bis zu dem Tag, als seine Freundin zu ihm sagt: „Du bist nicht echt.“

Provokation Riesendogge

Ab da hängt der Haussegen in der schicken Designerwohnung schief. Sophia sucht vergeblich nach dem, was einst die Persönlichkeit ihres Freundes ausmachte, nach seinen Ecken und Kanten. Meint, er spiele ihr nur was vor und könne nicht mehr er selbst sein. Schließlich haut sie mit der Riesendogge, die sie sich als Provokation angeschafft hat, ab.

Matthias sucht im Krisenmodus ein teures Urban-Yoga-Retreat auf, in dem ihm ein Guru mit weißem Wallehemd und braunen Punkten im Gesicht Anleitungen fürs Seelenheil gibt. Beim Yoga auf der sogenannten Gedankenwiese werden die Heilsuchenden vom spitzen Schrei eines Pfaus gestört. Ein Menetekel, denn Matthias wird nicht zur Ruhe kommen. Nach und nach wird er sein schillerndes Federkleid verlieren.

Das Absurde im Realen

Das Langfilmdebüt des Salzburger Regisseurs Bernhard Wenger wirft einen äußerst unterhaltsamen Blick auf das Absurde im Realen und verhandelt treffsicher die Schwächen und Eitelkeiten der Menschen. Der deutsche Schauspieler Albrecht Schuch („Berlin Alexanderplatz“, „Im Westen nichts Neues“) ist eine wunderbare Mischung aus naivem Kuschelbären und zynischem Karrieretypen, der für Geld allen alles vorspielt. Man ahnt, dass die makellose Fassade, hinter der er sich beruflich versteckt, irgendwann Risse bekommt und aufbricht. Mit voller Wucht, wie sich herausstellt: Die finale Szene, in der er inmitten einer noblen Gesellschaft vollends die Kontrolle verliert, erinnert frappant an Ruben Östlunds ätzende Kunstsatire „The Square“.

Bei Östlund sowie bei dem Griechen Yorgos Lanthimos, der für seine schaurig-skurrilen Filme bekannt ist, hat Bernhard unverkennbare Anleihen genommen.

Kurzweilig ist diese Geschichte eines Mannes, der nur Fake ist und keine Eigenschaften zu haben scheint, jedenfalls. Auch die Kapitalismuskritik Wengers, seine Darstellung der Marotten der Reichen, zündet. Eine gelungene Gesellschaftssatire und ein tolles Debüt. Man darf gespannt auf seine nächsten Filme sein.

Pfau - Bin ich echt? A/D 2024. 102 Min. Von Bernhard Wenger. Mit Albrecht Schuch, Julia Franz Richter.

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