Danach springt die Handlung um ein halbes Jahr in die Zukunft. Es gibt ein Familienfest. Maja weigert sich, auf traditionelle Weise um ihr Kind zu trauern, und nach und nach brechen die Konflikte auf.
Kornél Mundruczó zeigt die Geburt als Live-Film, was einen gelungenen Kunstgriff darstellt. Einerseits ist der Zuschauer ganz nah dran am Geschehen, andererseits entsteht dadurch paradoxerweise eine Distanz – Mundruczó vermeidet es, das Publikum zum Voyeur zu machen.
Das Familienfest wird in einem engen Wohnzimmer gezeigt. Gespielt wird ganz wunderbar realistisch (auf Polnisch, mit deutschen und englischen Übertiteln) – hier gibt es keinen überhöhten Theaterton, und niemand wälzt sich brüllend auf dem Boden. Man hat als Zuschauer tatsächlich den Eindruck, Zeuge eines Familientreffens zu werden.
Beeindruckend
Justyna Wasilewska beeindruckt als Maja nicht nur bei der Geburtsszene, sie macht Schmerz tatsächlich erfahrbar, soweit Theater solches überhaupt leisten kann. Eine großartige Darstellung. Agnieszka Żulewska spielt ebenso gut Majas Schwester Monika, die sich Maja immer unterlegen gefühlt hat und jetzt Zuflucht in der Religion und in der Politik sucht.
Ganz großartig ist auch Magdalena Kuta als Majas und Monikas Mutter, die an beginnender Demenz leidet und ihre Tochter zu einem Prozess gegen die Hebamme nötigen will. Dobromir Dymecki spielt den Außenseiter der Familie, Majas Ehemann Lars, gebürtiger Norweger, heroinsüchtig und in dunkle Geschäfte verwickelt.
Marta Ścisłowicz gibt Majas Cousine Zuzanna, eine erfolgreiche Anwältin, Sebastian Pawlak Monikas Mann, einen gar nicht erfolgreichen Rockmusiker. Ebenfalls stark: Monika Frajczyk als Hebamme Ewa.
Das Stück wurde 2018 in Warschau vom TR Warszawa uraufgeführt und ist seitdem auf Tournee rund um die Welt. 2020 wurde der Stoff für einen Netflix-Film adaptiert, der mehrfach ausgezeichnet wurde.
Jubel
Im Wiener Akademietheater gab es nach knapp zweieinhalb pausenlosen (!) Stunden frenetischen Applaus für ein packendes, klar und schnörkellos inszeniertes, wunderbar gut gespieltes Stück über weibliche Selbstbestimmung und eine zerfallende Familie.
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