"Faust" wieder in der Staatsoper: Liebesduett mit Zahnpastawerbung

46-220069778
Zumindest die musikalische Umsetzung ist sehr ansprechend: Die Wiederaufnahme von Gounods „Faust“ in der Regie von Castorf.

Von: Helmut Christian Mayer

Ständige Video-Einspielungen auf mehreren Leinwänden, meist live von mehreren Kameras, die von herumhuschenden Kameraleuten bedient werden, wo man das Geschehen aus anderen Perspektiven und in Nahaufnahmen wahrnehmen kann: Man kennt ja schon die detailreichen, ständig reizüberflutenden und von der Musik ablenkenden Stilmittel inklusive Brechungen von Frank Castorf in seiner Inszenierung von Charles Gounods Oper „Faust“, die jetzt an der Staatsoper wiederaufgenommen wurde, zur Genüge. Und sie irritieren noch immer, vor allem zerstören sie Stimmungen, wenn beim Liebesduett Videos von Autowaschungen sowie Zahnpastawerbung gezeigt werden.

Ausdrucksstarker Titelheld

Dafür ist die musikalische Umsetzung sehr ansprechend: John Osborn ist ein ausdrucksstarker Titelheld. Olga Kulchynska singt die Marguerite fulminant, reich an Nuancen und leuchtenden Höhen. Vor allem im Finale krönt sie ihre Leistung mit Intensität. Statt zu sterben, geht sie allerdings auf ein Gläschen ins Caféhaus, vielleicht ist da Gift drinnen.

Extrem verschlagen, zynisch und markig ist der dynamische Mephisto des Alex Esposito. Recht schönstimmig erlebt man Stefan Astakhov als Valentin. Er überzeugt auch schauspielerisch, vor allem bei seinem Tod vor der blutverschmierten Telefonzelle. Sièbel wird von Castorf als Frau dargestellt. Margaret Plummer singt die Rolle ideal. Monika Bohinec ist eine stark aufgewertete, gut singende Marthe, die im Zimmer mit Marguerite durchaus auch ein Opiumpfeifchen raucht. Leonardo Neiva singt den Wagner solide. Manchmal etwas außer Tritt singt der Staatsopernchor gut. Im Graben steht Chaslin am Pult des Wiener Staatsopernorchesters: Da wird sängerfreundlich mit feinsinnigem Raffinement, französischem Parfum und mannigfaltigen Valeurs musiziert. Großer Jubel!

Kommentare