Fall Teichtmeister: „Keine Pflichtverletzungen" des Burgtheaters

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Das eingeholte Gutachten bestätigt: Das Burgtheater hat alles richtig gemacht. Moralische Fragen wurden aber nicht erörtert - eine Analyse

Mitte September 2021 hatten die Kronen Zeitung und in der Folge der Standard über eine „Prügel- und Porno-Affäre“ rund um einen „prominenten Schauspieler“ berichtet. Dass es sich dabei um Florian Teichtmeister handelte, machte schnell die Runde – auch im Burgtheater. Es passierte aber nichts, das Ensemblemitglied spielte weiterhin Hauptrollen. Etwa in „Nebenan“: Die Produktion in der Regie von Direktor Martin Kušej hatte Mitte Oktober 2022 Premiere.

Sie ist nun abgesetzt – und Teichtmeister entlassen. Denn am 13. Jänner wurde bekannt, dass bei dem Publikumsliebling 58.000 Dateien mit Kindermissbrauchsmaterial gefunden worden waren. Am 8. Februar hätte ihm der Prozess gemacht werden sollen. Teichtmeister – er bekennt sich schuldig – ließ sich aber aus gesundheitlichen Gründen entschuldigen, ein neuer Termin ist noch nicht bekannt.

Die Frage war, ob das Burgtheater im September 2021 und in der Folge richtig gehandelt hat. Kulturstaatssekretärin Andrea Mayer gab daher bei der Arbeitsrechtsexpertin Sieglinde Gahleitner ein Gutachten in Auftrag. Und sie zieht aus diesem den Schluss: „Das Burgtheater und die Bundestheater-Holding haben ihre Pflichten im Umgang mit dem Fall erfüllt.“ Sprich: Es gibt keinerlei personelle Konsequenzen.

 

Andrea Mayer ließ sich lange Zeit: Das Gutachten, das am Montag veröffentlicht wurde, ist mit 1. Februar datiert. Und die zusätzlich eingeholte Stellungnahme von Norbert Wess (er kommt zu ähnlichen Ergebnissen) stammt gar vom 31. Jänner.

Die Analyse von Wess basiert auf den beiden Zeitungsartikeln 2021 – und dem Dokument „Chronologie zu Florian Teichtmeister (FT) und dem Burgtheater“ vom 17. Jänner. Es wurde von der Geschäftsführung der Burg erstellt – und nicht hinterfragt. Auch nicht von Gahleitner, der weitere Dokumente zur Verfügung gestellt worden waren. Gleich zu Beginn ihrer Expertise „Rechtliche Prüfung der arbeitgeberseitigen Vorgangsweise der Burgtheater GmbH im Fall Florian Teichtmeister“ stellt sie als Sachverhalt dar: „Interne Untersuchungen ergaben keine Anhaltspunkte für ein Fehlverhalten von FT im Arbeitsumfeld und keine Wahrnehmungen zu den damals bestehenden Anschuldigungen.“

 

Die Juristin kommt – so das Staatssekretariat – „zu dem Schluss, dass die Führungsstrukturen im Bundestheaterkonzern sich keiner Pflichtverletzungen im Umgang mit der Causa schuldig gemacht hätten“. Kernaussage: „Der bloße Verdacht einer strafbaren Handlung ist nicht ausreichend, um eine Entlassung auszusprechen.“ Den Vorschlag, ihn weniger spielen zu lassen, hätte Teichtmeister abgelehnt – wegen Reputationsverlust: Er würde mit Klage vorgehen. Aber nicht gegen das Burgtheater, sondern gegen seine langjährige Partnerin, die ihn angezeigt hatte. Sehr wohl aber wäre es möglich gewesen, den Vertrag von Teichtmeister einfach auslaufen zu lassen.

Keine Wahrnehmungen

Erstaunlich ist zudem, dass Mayer in ihrer Stellungnahme mit keiner Silbe auf die Ereignisse seit der Fertigstellung der Gutachten eingeht. Am 1. Februar strahlte der Sender Puls 24 ein Interview von Corinna Milborn aus, in dem eine Schauspielerin – man hört nur ihre Stimme – die seit Langem grassierenden Gerüchte bestätigte. Vielen sei bekannt gewesen, dass der Schauspieler ein Problem mit häuslicher Gewalt gehabt und damit sogar geprahlt hätte. Zudem soll Teichtmeister Gewaltpornos mit Kollegen geteilt haben.

Der KURIER fragte nach, ob die Schauspielerin als seriöse Informantin eingestuft werden könne. Milborn bestätigte dies. Im Interview gab die Frau zudem an, den Kontakt zu Teichtmeister bereits 2016 abgebrochen zu haben. Der Schauspieler war damals (von 2005 bis 2019) Ensemblemitglied des vom Bund mitfinanzierten Josefstädter Theaters. Gegenüber dem KURIER gab das Büro von Mayer bekannt, nachgefragt zu haben: „Die Josefstadt hat uns (...) mitgeteilt, dass keinerlei Wahrnehmungen zu den im Interview vorgebrachten Sachverhalten bekannt sind.“ Das genügte dem Staatssekretariat.

Für die Zukunft gilt in ähnlich gelagerten Fällen, dass die Gespräche und Maßnahmen „schriftlich dokumentiert“ und Protokolle „vom verdächtigten Arbeitnehmer unterfertigt werden“ sollten. Diesbezüglich dürfte es etliche Versäumnisse gegeben haben.

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