"Eurotrash": Die Melancholie des unausweichlichen Abschiednehmens

2025 - Neuinszenierung des Theaterstückes "Eurotrash" von Christian Kracht, im Stadttheater Gmunden, im Rahmen der Salzkammergut Festwochen Gmunden , am 24.06.2025.
Die Dramatisierung von Christians Krachts Roman „Eurotrash“ bei den Salzkammergutfestwochen Gmunden mit einer hinreißenden Petra Morzé.

Da steht zu Beginn ein hagerer Intellektueller mit altmodischer Brille auf der Bühne und erzählt dem Publikum, dass er auf ein paar Tage nach Zürich musste. Seine Mutter hatte ihn kontaktiert, was unüblich ist. Normalerweise besucht er sie nur alle zwei Monate. Aber normal ist dieses Mal ohnedies nichts. Denn der Mann um die 50 lädt die tabletten- wie alkoholsüchtige Frau zu einer Reise ein. Vielleicht, um ihr näher zu kommen; vielleicht geht es ihm auch darum, die Familiengeschichte aufzuarbeiten.

Vor vier Jahren veröffentlichte Christian Kracht seinen Roman „Eurotrash“, der dem oberflächlichen Mist mit Zitaten die Geistes- und Literaturgeschichte des Abendlandes gegenhält. Sogleich rissen sich die Theater um die Dramatisierung. Denn für den Roadtrip durchs Berner Oberland braucht es nicht viel mehr als zwei exzellente Schauspieler. An der Berliner Schaubühne ließen sich Angela Winkler und Joachim Meyerhoff auf das Abenteuer ein, im Akademietheater Barbara Petritsch und Johannes Zirner.

Nun wagten sich die Salzkammergutfestwochen in Koproduktion mit dem Landestheater Linz an den bedingt dramatischen Stoff. Aber die Umsetzung, die am Donnerstag im Stadttheater von Gmunden Premiere hatte, vermag durchaus zu überzeugen. Denn Regisseur Dominique Schnizer arbeitete nicht so sehr die höchst unterhaltsamen wie absurden Begegnungen auf der zweitägigen Reise heraus, sondern die Melancholie des unausweichlichen Abschiednehmens.

Weil der Erzähler so heißt wie der Autor und zudem die gleiche Biografie hat, könnte man annehmen, dass Christian Kracht eine mehr oder weniger wahre Geschichte erzählt. Aber in „Eurotrash“ tischt er seiner Mutter erfundene, wenngleich durchaus mögliche Geschichten auf (etwa über den Rechtsruck in der Schweiz). Und so ist auch die Handlung nichts anderes als ein nüchtern erzähltes, liebevolles Märchen über ein letztes Aufbäumen, gespickt mit skurrilen Niederlagen: Die Reise führt in mehreren Etappen mit immer dem gleichen Taxler auf einen Gletscher und dann nach Winterthur in die Umnachtung.

Ein allerletzter Gipfel

Die Fahrt mit der Seilbahn, die aus unerfindlichen Gründen stecken bleibt, ist denn auch der Dreh- und Angelpunkt der Inszenierung. Alle anderen Schauplätze werden herbeiimaginiert, die Gondel aber ist „echt“ (Bühne von Christin Treunert): Hier sitzen Mutter und Sohn fest.

2025 - Neuinszenierung des Theaterstückes "Eurotrash" von Christian Kracht, im Stadttheater Gmunden, im Rahmen der Salzkammergut Festwochen Gmunden , am 24.06.2025.

Während der zweistündigen Aufführung übernimmt Benedikt Steiner als um Nähe bemühter, gleichzeitig überforderter Christian auch alle Nebenrollen, er bleibt aber immer er selbst; Petra Morzé hingegen mausert sich: Zu Beginn schlurft sie derangiert im Hausanzug mit dem Rollator heran, ist wortkarg, mürrisch, vereinsamt und verbittert. Durch die Zuneigung des Sohns taut sie allmählich auf, gibt im safrangelben Kostüm eine hoch passable Erscheinung ab – und redet sich schließlich in einen Schwall von Bernhard’schem Ausmaß. Eine betörende Leistung.

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