Messer
Barbara Frey verdichtet Schnitzlers Tragikomödie auf knapp zweieinhalb Stunden, der scheingemütliche Konversationston verschwindet, übrig bleiben nur die wichtigsten Sätze, die so enorm an Schärfe gewinnen. Jedes Wort ist hier ein Messer mit scharfer Klinge.
Auf schwarzer Einheitsbühne (Martin Zehetgruber) erleben wir ein düsteres Kammerspiel, dessen bittere Pointen perfekt zünden. Die Seele ist hier weniger ein weites, als ein enges Land: Die Personen sind dunkle, fast durchsichtige Gespenster, die nur spielen wollen, einander dabei zerstören und bewusstlos Richtung Ersten Weltkrieg taumeln.
Publikumsliebling Michael Maertens spielt den erotischen Kapitalisten Hofreiter, der sexuelle Abenteuer sammelt und wieder abstößt wie Wertpapiere. Maertens verzichtet auf seinen berühmt-berüchtigten singenden Ton, sein Hofreiter ist aasig und blass und steckt im zu engen Hemdkragen fest.
Er ist kein bedrohlicher Don Giovanni, sondern ein etwas schmieriger Verführer, der rastlos Berge besteigt und Tennismatches gewinnt, um vor dem Alter zu fliehen. Am Ende ist er vernichtet und nimmt es fast zufrieden zur Kenntnis.
Tod
Katharina Lorenz spielt seine Frau Genia berührend, an der Grenze zum Verstummen. Ob sie ihren Mann wirklich noch liebt, ist zweifelhaft. Ein junger Mann muss sterben, weil sie sich ihm verweigert – ein zweiter, weil sie sich ihm nicht verweigert – diese Tragödie macht sie fassungslos, obwohl sie nie die Fassung verliert.
Der Arzt Mauer ist der Einzige, der diese Spiele nicht mitmachen will – „ehrlich bis zur Orgie“. Itay Tiran zeichnet ihn karg, mit wenigen Strichen, fast verachtungsvoll blickt er auf die Gesellschaft. Nina Siewert gibt famos die Erna, die sich voller Lebenshunger auf Hofreiters Spiele einlässt und zum Schluss alles verliert.
Die großartige Bibiana Beglau spielt das getrennte Ehepaar Aigner als Doppelrolle. Frau Aigner strahlt Lebensklugheit aus, den gespenstischen Herrn Aigner zeigt sie hart am Rand der Parodie.
In allen anderen Rollen wird gut gearbeitet.
Am Ende sehen wir eine zu Stein erstarrte Gesellschaft, während der Erste Weltkrieg sich in Form einer riesigen Schraube durch die Dolomiten bohrt.
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