Eröffnung Wien modern: Der erste von knapp 100 Versuchen gelang

WIR SIND WIEN.FESTIVAL 2022
Der Auftakt des Festivals mit Matthias Pintscher am Pult der Wiener Symphoniker geriet zum veritablen Plädoyer für Neue Musik

Von Susanne Zobl

Die 35. Ausgabe von Wien modern, des 1988 von Claudio Abbado gegründeten Festivals für Neue Musik, ist mit „Wenn alles so einfach wäre. 100 Versuche über den guten Umgang mit Komplexität“ überschrieben.

Das klingt nach Rückblick und Beschreibung einer von Krieg, Klima- und anderen Krisen überschatteten Zeit. Denn in den vergangenen beiden Jahren hat Intendant Bernhard Günther trotz Lockdowns den Betrieb bravourös per Stream aufrecht erhalten. Nun wartet er bis 30.11. mit 96 Veranstaltungen an 27 Spielstätten auf.

Der Auftakt mit dem Komponisten und Dirigenten Matthias Pintscher am Pult der Wiener Symphoniker geriet zum veritablen Plädoyer für Neue Musik. Aufwühlend das „Tableau“ von Helmut Lachenmann: Brillant generierte Pintscher Orgelklänge mit dem famos musizierenden Orchester und überzeugte mit dieser Hommage an einen der bedeutendsten Tonschöpfer unserer Zeit.

In seinem eigenen Werk, dem Violinkonzert „Assonanza“, das er für die Geigerin Leila Josefowicz geschrieben hatte, ergründete Pintscher das Verhältnis von Orchester und Solist. Nicht unspannend, doch mit einigen Längen. Josefowicz agierte zurückhaltend, aber feinsinnig.

Verstörend dann György Kurtágs „Stele“, gefolgt von Sofia Gubaidulinas Orchesterwerk „Der Zorn Gottes“. Oksana Lyniv hatte das Werk 2020 bei Wien modern mit dem RSO uraufgeführt, während des Lockdowns für den Stream. Nur wenige Journalisten, auch die Rezensentin, waren dabei. Klar, dass diese Musik damals überwältigte. Deren tatsächliche Faszination war nun im konventionellen Betrieb zu erleben. Pintscher setzte auf Präzision und ließ subtil das Martialische, aber auch die Anklänge an Schostakowitsch und Beethoven hören. Inniger Applaus.

Kommentare