Enissa Amani, eine vorbildliche Plaudertasche

Enissa Amani, eine vorbildliche Plaudertasche
Sie wurde von Stefan Raab entdeckt und groß gemacht. Nun bekommt Enissa Amani mit „Ehrenwort“ ihr eigenes Comedy-Special auf Netflix.

Im Rahmen der TV-Talk-Sendung „Hart aber fair“ (ARD) setzte sich der deutsche Comedy-Star Enissa Amani unlängst für Toleranz und eine gerechtere Beurteilung des Islam ein. Eingebettet zwischen zwei Islamkritikern und den zwei gemäßigten Muslimen trat die nach eigenen Aussagen „gläubige, aber nicht religiöse“ Komikerin als Verteidigerin der deutschen Muslime auf. Einige Zuseher bezeichneten Amani nach der Sendung in den sozialen Medien als anstrengende „Quasselstrippe“, was in Österreich einer Plaudertasche gleichkommt. „Ich rede sehr gerne. Wenn mich jemand etwas fragt, hole ich immer sehr weit aus“, sagt Enissa Amani im KURIER-Interview. Die 36-Jährige hat die Freude am Sprechen auch zu ihrem Beruf gemacht – ist sie einmal am Wort, haben andere Sendepause. Reinreden unerwünscht.

Die gebürtige Perserin wird in Deutschland mittlerweile als Star der Comedy-Szene gefeiert. Entdeckt und gefördert wurde sie von Stefan Raab. „Ich verdanke Stefan Raab natürlich einiges. Denn er hat mir mehrmals in seiner Sendung ‚TV total‘ eine Plattform gegeben. Der dritte Auftritt bei ihm war besonders erfolgreich, das Video dazu ging viral durch die Decke. Es wurde millionenfach angesehen und täglich hatte ich mehr Fans“, sagt Amani, der damit der Durchbruch gelang.

Durch Auftritte im Fernsehen und Kino („Fack ju Göhte 2“) witzelte sich die Deutsch-Iranerin in die Herzen vieler Zuschauer, räumte den Deutschen Comedy-Preis ab – und erhielt schließlich mit „Studio Amani“ auf ProSieben eine eigene Show, die aber floppte.

Visitenkarte

Nun meldet sich die Deutsch-Iranerin zurück: Mit „ Ehrenwort“ bekommt sie ihr eigenes Comedy-Special beim Streamingdienst Netflix. Zu sehen ist die im Hamburger St. Pauli Theater ausgezeichnete Show ab heute, Donnerstag. Amani ist damit der dritte deutsche Comedian, der für diese internationale Reihe ausgewählt wurde – nach Teddy und Dieter Nuhr.

„Und ich bin damit die erste Frau, die bei diesem Special dabei ist. Darauf bin ich unglaublich stolz. Für mich als Comedian ist das eine tolle Möglichkeit, mich auch im Ausland zu präsentieren, da die Show ja auch mit englischem Untertitel ausgestrahlt wird. Eine bessere Visitenkarte kann man gar nicht haben. Ich kann damit einem großen Publikum zeigen, was sie bei meinen Liveshows verpassen“, sagt sie.

Bei ihren Auftritten tritt sie immer wieder mit dem Publikum in Kontakt, bezieht es ein und teilt dabei auch kräftig aus. „Diese Kommunikation und Interaktion kann man aber nicht planen“, sagt Amani. Das passiere einfach, und diese Spontanität mache ihr auch viel Spaß. „Das Publikum würde es auch sofort merken, wenn etwas nicht authentisch ist.“

In ihren Comedy-Programmen geht es mitunter ganz schön deftig zur Sache. Sie spricht dabei über Gangster-Rap, Politik, im selben Atemzug über Tussis mit falschen Gucci-Handtaschen und die Flüchtlingskrise. Das geht sich alles aus.

In ihren Programmen werden immer auch gängige Klischees über Ausländer und Vorurteile gegenüber Muslimen verhandelt. Sie dürfe das, weil sie ja selbst Migrationshintergrund hat. Außerdem sollte man sich ohnehin mehr über sich selbst lustig machen, sich nicht zu ernst nehmen.

Enissa Amani zeigt also vor, wie es gehen könnte und macht sich immer wieder über ihre nervige Piepsstimme und ihre operierte Nase lustig – laut Amani übrigens DAS Merkmal, an der man eine Perserin sofort erkennen kann. Aber als solche fühlt sich die 1985 mit der Familie aus dem Iran nach Frankfurt am Main geflohene Amani nicht mehr. „Mir sind natürlich meine iranischen Wurzeln noch wichtig, ich spreche auch die Sprache, schätze die Kultur. Aber Fakt ist: Ich bin Deutsche. Deutschland ist meine Heimat. Man sollte endlich begreifen, dass das Deutschsein viele Facetten hat.“

Fans

In den Iran ist sie zuletzt 2008 gereist. Eine Rückkehr sei aktuell keine gute Idee; „da ich mich regelmäßig politisch äußere, und auch in Filmen mitgewirkt habe, die kritisch waren, möchte ich aktuell lieber nichts riskieren. Ich hoffe, dass ich irgendwann mal wieder ohne Angst in den Iran reisen kann. Ich habe dort sehr viele Fans, kommuniziere mit denen auch so gut es geht und ermutige junge Frauen, die gerne als Comedian auf der Bühne stehen möchten. Es freut mich sehr, dass ich für sie ein Vorbild bin.“

Sendehinweis: „Ehrenwort“ von Enissa Amani ist ab heute, Donnerstag, via Netflix abrufbar. Die Comedyshow, die im St. Pauli Theater in Hamburg aufgezeichnet wurde, hat Amani exklusiv für den Streaminganbieter geschrieben.

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