"Emilia Galotti": Blut am Brautkleid

Marlene Hauser (li.) als Emilia Galotti an der Seite ihrer Mutter (Martina Spitzer).
Regisseur Lukas Holzhausen verdichtet Lessings Tragödie für die Wiener Bezirke.

Selbstverliebt steht Prinz von Guastalla (Jan Thümer) auf der Bühne und spielt zur Musik von Schubert (Klaviertrio No. 2, op. 100) hinter dem Vorhang mit seinen Muskeln, die seine Macht symbolisieren sollen. Dass sich um ihn herum alle in seiner Gegenwart sonnen möchten, nutzt er eiskalt aus – er verführt, macht leere Versprechungen, droht und setzt mit psychischer Gewalt seinen Willen durch. So auch bei der schönen Emilia Galotti (Marlene Hauser), die Graf Appiani (Dominik Jedryas) heiraten soll. Aber das muss verhindert werden, denn der Prinz ist in Emilia verliebt. So weit, so der Auftakt zu den danach folgenden Machtspielchen, bei dem Appiani sterben muss, um Emilia zu retten. Aber die sieht das anders. Sie sucht nach einem Ausweg, um sich der Macht des Mächtigeren nicht beugen zu müssen. Ein Dolch verspricht ihr diese „Freiheit“ – geführt wird er von der Hand ihres Vaters. Es ist das traurige Ende von Gotthold Ephraim Lessings „Emilia Galotti“, das damals (das Stück wurde 1772 uraufgeführt) als Skandal bezeichnet wurde. Verstaubter Schulstoff? Von wegen! Es geht um Macht, dessen Missbrauch und ist aktueller denn je. Denn in den USA hat ein selbstverliebter, machtgeiler „Pussy-Graber“ das Sagen und die Sehnsucht nach einem „starken Führer“ entscheidet zuletzt immer mehr Wahlen. Außerdem ließe sich der Inhalt auch auf die #Metoo-Debatte übertragen, aber davon nimmt der Schauspieler und Regisseur Lukas Holzhausen Abstand. Er überträgt das Stück, das aktuell durch die Wiener Bezirke tourt, grundsätzlich originalgetreu ins Hier und Jetzt. Dabei wird verdichtet, zugespitzt und pointiert – ohne es auf Krampf zu modernisieren.

In einem leeren Raum agieren die Schauspieler auf sehr guten Niveau. Nach rund 100 unterhaltsamen, aber auch etwas zu brav, zu ironisch, zu ideenlos inszenierten Minuten spritzt das Blut gegen die Bühnenwand. Ein Ende mit Schrecken.

„Emilia Galotti“: Heute, Montag, im VZ Donaustadt (19.30); Mi. bis Fr. im Theater Akzent. Karten und weitere Termine.

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