Ein phänomenaler "Rigoletto" im Karton

Quinn Kelsey als Rigoletto, davor Henri Bernard Guiziran als Double.
Quinn Kelsey brillierte in der Titelpartie in der Inszenierung von Claus Guth.

Die Voraufführung für junges Publikum war wegen eines nationalen Streiks unterschiedlicher Berufsgruppen noch abgesagt worden. Die Premiere der Neuproduktion von Giuseppe Verdis "Rigoletto" an der Pariser Opéra Bastille wurde zum Triumph.

Regisseur Claus Guth, mit dem der Pariser Opernchef Stéphane Lissner auch in den kommenden Saisonen eng zusammenarbeiten wird, gelingt eine meisterhafte Arbeit. Er erzählt "Rigoletto", die Geschichte vom Hofnarren, als Rückschau eines alten, traurigen, dem Alkohol verfallenen Clowns. Ein Rigoletto-Double kommt zu Beginn mit einem Karton auf die Bühne und packt sein Kostüm und das blutige Kleid seiner Tochter Gilda aus. Er versucht mehrfach in die Handlung einzugreifen und die Geschichte rückwirkend zu verändern, was freilich nicht gelingen kann.

Man erlebt einen packenden Opernabend, klug erzählt, psychologisch ausgefeilt, mit einigen Videos im Super-8-Retro-Stil und exzellenter Personenführung. So stellt etwa Rigoletto seine Tochter immer wieder auf ein Podest und inszeniert sie als Edgar Degas’ "Kleine 14-jährige Tänzerin". "La donna è mobile" hingegen packt Guth in eine Crazy-Horse-Revue. Auch das Bühnenbild (Christian Schmidt) ist brillant. Es stellt einen überdimensionalen Karton dar, der nach allen Seiten geöffnet werden kann und den Clown am Ende wieder einsperrt.

Weniger gelungen ist das Dirigat von Nicola Luisotti, der mit radikal langsamen Tempi die Arien zerdehnt und kaum auf die Sänger eingeht.

Glanzleistung

Unter diesen ragt Quinn Kelsey heraus – er ist der beste Rigoletto, den der Autor dieser Zeilen seit Langem erlebt hat. Sein Bariton ist kraftvoll und wunderschön timbriert. Kelsey gestaltet diese Partie zutiefst berührend, sensibel, dann wieder dramatisch. Eine exemplarische Darstellung des in Österreich leider kaum bekannten Sängers aus Hawaii, der anderswo schon hoch im Kurs ist.

Olga Peretyatko ist eine gute Gilda, mit klarer Höhe und präzisen Koloraturen. Michael Fabiano ist als Darsteller ideal für den Herzog, singt in der Mittellage fabelhaft, muss jedoch in der Höhe stark forcieren. Vesselina Kasarova ist eine ausdrucksstarke Maddalena. Allesamt bilden ein überzeugendes Ensemble, das dem Genre Musik-Theater alle Ehre macht.

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