Ein Jonas Kaufmann braucht als Feldherr keine Schminke

Ein Jonas Kaufmann braucht als Feldherr keine Schminke
Der Startenor besticht in der Wiener Staatsoper in Verdis Spätwerk „Otello“

Von Susanne Zobl

Echte Künstlerpersönlichkeiten brauchen keine Schminke, um ihre Figuren darzustellen. Sie verkörpern diese, wie Jonas Kaufmann an der Wiener Staatsoper furios in der aktuellen Serie von Giuseppe Verdis Spätwerk „Otello“ – belanglos inszeniert von Adrian Noble – demonstriert. Kaufmann ist dieser „Mohr“ auch ohne schwarze Farbe im Gesicht.

Da agiert kein Heldentenor, der seinen Triumph und Zorn in die Welt brüllt, da ist ein sublimer Präzisionskünstler zu erleben, der zeigt, dass Interpretieren mehr als nur nach Noten singen heißt. Verstörend sein „Esultate!“, phänomenal spiegelt er jede Gefühlsregung in seiner Stimme wieder. Das Kehlige nützt er, um in der sanften Zuwendung zu seiner Desdemona den Hang zur Gewalt seiner Figur spüren zu lassen. Rachel Willis-Sørensen zeigt eine zunächst resolute Desdemona. Ihr warm klingender Sopran betört in lyrischen Passagen und leuchtet in allen Lagen. Szilvia Vörös ergänzt sehr gut als Emilia.

Ludovic Tézier ist als Jago heute konkurrenzlos. Brillant drückt er die Bösartigkeit dieses Intriganten mit seinem kraftvollen, stets elegant en Bariton aus. Bekhzod Davronov als Cassio und Ted Black als Roderigo lassen mit ihren jungen, sehr schön timbrierten Tenorstimmen aufhorchen. Das Dirigat von Alexander Soddy könnte Schärfungen und mehr Nuancierungen vertragen, die auch dem Chor zugute kämen. Ovationen für alle Beteiligten.

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