Untätigkeit und Duckmäusertum

Untätigkeit und Duckmäusertum
Der Comedian Vince Ebert geht hart mit Deutschland ins Gericht.

Bitte wie gut ist das denn! Da zerlegt jemand nach Strich und Faden den ganzen woken Zeitgeist-Irrsinn, brillant, kenntnisreich und faktenbasiert – vor allem aber ganz ohne Schaum vor dem Mund, ohne kulturpessimistische Tranigkeit, dafür höchst unterhaltsam und vergnüglich zu lesen.

Die Rede ist von Vince Ebert, diplomierter Physiker und Kabarettist. „Wot Se Fack, Deutschland?“, fragt (nicht nur) er sich – und man kann getrost das meiste, was der aus Nordbayern stammende, aber in Wien lebende und mit einer Österreicherin verheiratete Autor schreibt, auch auf Österreich übertragen, nicht weniges gilt wohl auch über die beiden Länder hinaus.

Wie ein roter Faden zieht sich sein Plädoyer für Rationalität, Freiheit und Eigenverantwortung durch das Buch – jene Werte, welche die europäische, westliche Kultur stark gemacht haben. Sie sieht er bedroht durch „eine seltsame irrationale Gefühligkeit“.

Ebert lässt keines der zahlreichen identitätspolitischen Aufregerthemen aus – aber er geht weit über Gendern & Co. hinaus. So setzt er sich etwa ausführlich mit dem grassierenden Antikapitalismus auseinander: „ob aus der sozialistischen Ecke einer Sahra Wagenknecht, als grüner Ökosozialismus unter dem Deckmantel von Reduktion und Verzicht oder völkisch-nationalistisch in Form eines Björn Höcke“. Und er warnt, dass wir am Ende „nicht nur unseren Wohlstand“, „sondern auch vieles andere, was unsere freie, westliche Gesellschaft ausmacht“, verlieren könnten.

Und gegen die Theorie widerstreitender Systeme: Der Kapitalismus sei „kein theoretisches Gedankenkonstrukt“, sondern ein „aus sich selbst heraus entwickelndes Ordnungsprinzip“.

Demontage

Optimismus versprüht der Autor nicht gerade. Denn das zentrale Problem sieht er im generellen Mindset. Es sei „gespenstisch zu sehen, wie Teile dieses Landes die eigene Demontage geradezu herbeisehnen“. Die Mischung aus „Untätigkeit und Duckmäusertum“ sei längst in die Mitte der Gesellschaft vorgedrungen.

Aber es wäre nicht der Comedian Ebert, wenn er nicht trotz allem sich den Humor bewahren würde. Etwa wenn er über das Römische Reich schreibt, es habe dort „kein Tempolimit“ gegeben, und es wurde auch „kein Geld in genderneutrale Toiletten gesteckt. Von einem modernen Heizungsgesetz gar nicht erst zu sprechen. Das konnte ja nicht gut gehen.“

46-217746364

Vince Ebert: „Wot Se Fack, Deutschland?“, DTV, 304 Seiten, 17 Euro

Kommentare