Es läuft für Paulus Bohl bei „Dancing Stars“. Alle scheinen ihn super zu finden – außer natürlich Balázs Ekker.
Besucht man, wie diesen Dienstag, einen seiner Comedy-Abende als „Dr. Bohl“, hat man ebenfalls den Eindruck: Da hat einer alles richtig gemacht. Der Wiener Stadtsaal ist (wie derzeit jeder Abend) ausverkauft, das Publikum weit jünger als bei der Kollegenschaft, es trägt schicke Pullis. Die grauen Haare kann man einzeln zählen.
Gleich zu Beginn beantwortet der Comedian die beiden wichtigsten Fragen zu „Dancing Stars“: „Ja, es macht Spaß“ und „Nein, wir haben nix.“ – bei Letzterem sind er und Profi-Tanzpartnerin Catharina Malek gemeint.
Seinen Bruder Benji begrüßt er im Publikum, am Freitag darf dieser mit seinem Bruderherz aufs ORF-Tanzparkett. Um diesen vor der Schmach zu bewahren, vielleicht schuld am Ausscheiden Bohls zu sein, wirbt Paulus Bohl gleich um Stimmen fürs Voting.
Eigentlich war Dr. Bohl ein gemeinsames Projekt der beiden. Aber da sich Benjamin nun aufs Medizinstudium konzentriert, ging Paulus nun mit seinem ersten Solo „Solo“ auf die Bühne. Solo auch in Bezug auf den Beziehungsstatus als Bühnen-Bohl – der 27-Jährige erzählt abendfüllend von fünf gescheiterten Tinder-Dates.
Vom Duo zum Solo Paulus Bohl gründete mit Bruder Benjamin Dr. Bohl. Die Studenten (Paulus schloss Jus mit dem Magister ab, der jüngere "Benji" studiert Medizin) sind Söhne des Komikers Herbert Knötzl („Projekt X“). Das Duo wurde in der Coronazeit mit Comedy-Videos bekannt. Zweites Programm: „Anabohlika“ (2023). Mitte Februar 2024 feierte Paulus Bohl Premiere mit "Solo".
Follower Dr. Bohl hat 101.000 Follower auf Instagram, 113.400 auf Tiktok, 7.500 auf Facebook, 11.200 Abos auf Youtube
Red Flags
Auch wenn er allgemein sagt, „Ich kenn mich ned wirklich aus“ – eines muss man Bohl lassen: Er redet, als ob es um sein Leben ginge. Darüber, dass er bei Frauen „Red Flags“, also unverhandelbare Fehler, binnen Sekunden erkennen würde. Bohl: „Meine Red Flags sind: Scheidungskind, Einzelkind, hat ein Kind, will kein Kind – oder ist ein Kind!“ Letzteres schon aus strafrechtlichen Gründen.
Hier werden erstmals Geschmacksgrenzen (oder Red Flags?) ausgelotet. Es geht weiter: Bei einem der Dates (mit einer allzu sportlichen Dame) sei ihm was Peinliches passiert. Im Edel-Fitnesscenter habe er nach der „Ausschwitzkammer“ gefragt. Vor Dutzenden Leuten, und in Österreich!
Das Publikum johlt. Als sei dieses Wort gleichwertig unter anderen Peinlichkeiten, die beim Daten so passieren.
Gendern? Das habe ihm nur ein Mal im Leben etwas gebracht; als er als Mitarbeiter einer Mega-Maturareiseparty unterschrieben habe: Kein Sex mit Maturanten.
Lachsalven
Das alles kommt blendend an. Das Wort „Lachsalven“ ist diesmal nicht übertrieben. Oft vergehen zwischen den anschwellenden Lachern nur wenige Sekunden. Bohl hat das Publikum ständig bei sich, setzt Hände, Arme, fast den gesamten Körper - bis zu den blonden Locken - ein. Das ist schnell, laut – ohne Rhythmuswechsel.
Als er einmal 20 Sekunden lang einen Probanden auf der Bühne umarmt - weil erst dann laut Studien ein positiver Effekt eintritt - , wird auch das zur beklatschten Show.
Wobei Bohl sogar thematisiert, wie tückisch die Schreibung des Wort Rhythmus sei. Hand aufs Herz: Wer hat das Wort noch nie gegoogelt, bevor man es hinschreibt?
Voller Körpereinsatz - bis in die blondgelockten Haare
Pause
In der Pause treffen wir auf eine der wenigen Mittfünfzigerinnen im Publikum. Sie sei in Attnang-Puchheim (OÖ) in den Zug gestiegen, um Dr. Bohl in Wien zu sehen. Warum? „Wegen ,Dancing Stars‘ - und weil er bei Stermann und Grissemann war!“
Selbst bei „Willkommen Österreich“, stieg er gut aus. Also alles richtig gemacht?
Man kann sich dem wienerisch gefärbten Witz kaum entziehen, manche Gags sind auch wirklich gut (Marathon? „Der Fluchtinstinkt bringt uns dazu, vor Sachen wegzulaufen. Nur Trotteln laufen irgendwo hin!“). Sie kratzen aber höchstens ein bisschen an der Oberfläche.
Die Frage ist: Wird sich Bohl weiterentwickeln? Oder diese Kuh nur so lange melken, bis es halt wieder vorbei ist?
Mitunter beschleicht einen Gefühl, dass sich manche Elemente - im Influencer-Stil - nicht zufällig im Programm befinden könnten. Das schnieke Fitnesscenter - und auch das weniger schnieke - werden per Namen genannt. Plötzlich geht es um Pierce Brosnan, den will Dr. Bohl endlich einmal fragen, ob er wisse, dass er in Österreich auf jedem Kürbis-Risotto einer Lebenshandelskette abgebildet ist. Und Michael Ludwig wird relativ zusammenhanglos auf der Videowall eingeblendet - bei seinem Tag bei den 48ern in betont coolem Outfit mit Käppi und Baggy-Hosen. Ob diese Lacher positiv oder negativ aufs Konto des wahlwerbenden Wiener Bürgermeisters einzahlen, sei dahingestellt. Ansonsten spielt Politik in dem Programm keine Rolle.
Während Videoclips in den beiden Programmen mit Bruder Benji noch das Gerüst bildeten, hat man es bei "Solo" mit klassischer Stand-Up-Comedy zu tun. Auch das gelbe Pfannenwender-Mikro findet derzeit keiner Verwendung.
Der zweite Teil fällt dann relativ kurz aus – es müssen schließlich auf der Bühne noch Insta-Werbeclips für einen Biersponsor gedreht werden.
Und das Publikum? Schaltet die Handylichter ein und macht mit Freuden mit.
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